Werden homosexuelle Männer bei der Blutspende diskriminiert?

Werden homosexuelle Männern bei der Blutspende diskriminiert?
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Werden Männer, die Sex mit Männern haben, (kurz MSM) bei der Blutspende gezielt diskriminiert? Mit eben diesem Vorwurf sieht sich die Bundesärztekammer aktuell konfrontiert. Die Politik fordert eine zügige Anpassung der Richtlinien und will dazu das Paul-Ehrlich-Institut ins Boot holen.

Die Ausgangslage

Im Jahr 2017 legte die Bundesärztekammer BÄK fest, dass homosexuelle oder bisexuelle Männer erst zur Blutspende zugelassen werden dürfen, wenn sie vorher ein ganzes Jahr lang keinen Sex mit einem anderen Mann hatten. Zuvor war dieser Gruppe sogar komplett die Möglichkeit zur Blutabgabe verwehrt gewesen. Grund hierfür war das statistisch erhöhte HIV-Risiko dieses Personenkreises. Schon damals war diese Regelung nicht unumstritten.

Bereits 2015 urteilte der Europäische Gerichtshof, besonders stark von HIV betroffene Menschen dürften nur dann von der Blutspende ausgeschlossen werden, wenn sich die Übertragungsrisiken nicht auf anderem Wege ausschließen ließen. „Solche Wege wurden bisher nicht konsequent ausgelotet„, so die Deutsche AIDS-Hilfe.

Kritik kommt nun auch aus dem Bundestag

Im Mai 2020 sprachen sich Vertreter von FDP und Grünen offen gegen die „Diskriminierung bei der Blutspende“ aus. Gleichzeitig forderten sie eine zeitnahe Änderung des Transfusionsgesetzes. In dem entsprechenden Antrag der Grünen heißt es dabei:

Eine Frist von zwölf Monaten ohne Sex für eine Blutspende ist sachlich unbegründet. Sie sollte sich an der Nachweisbarkeit einer HIV-Neuinfektion orientieren – diese beträgt ca. sechs Wochen.

Weiterhin fordert der Antrag, die Bundesärztekammer dazu zu verpflichten, ihre Richtlinien für die Hämotherapie einmal im Jahr zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Darüber hinaus steht die Forderung nach einem Verbot „ungerechtfertigter, direkter oder indirekter Diskriminierung“ im Raum.

Nachdem der Oppositionsantrag am 25. März 2021 im Gesundheitsausschuss angehört wurde, legte nun auch die Regierungskoalition am 14. Mai einen eigenen Antrag zur Änderung des Transfusionsgesetzes vor. Anders als das Papier von FDP und Grünen wollen CDU/CSU und SPD jedoch die Richtlinienkompetenz vollständig auf das Paul-Ehrlich-Institut übertragen.

In der Begründung hieß es, man sei der Meinung, die Bundesärztekammer arbeite entschieden zu langsam. Nur eine Bundesbehörde wie das Paul-Ehrlich-Institut sei in der Lage, innerhalb der geforderten Zeit adäquat auf die neusten Entwicklungen in Wissenschaft und Technik zu reagieren.

Bundesärztekammer weist Diskriminierungsvorwürfe von sich 

Die Bundesärztekammer reagierte prompt und argumentierte, man befürchte bei einer solchen Übertragung der Kompetenz das Risiko einer Vermischung von wissenschaftlicher Fragestellung und politischen Erwägungen. Wissenschaftliche Evidenz sei nicht verhandelbar.

Wenn die politischen Entscheidungsträger bei den Spenderauswahlkriterien von diesem wissenschaftlichen Stand abweichen wollen, dann stehen sie auch in der unmittelbaren Verantwortung gegenüber den Menschen, wenn diese zu Schaden kommen.

Niemand würde bei den aktuell geltenden Zulassungskriterien zur Blutspende gezielt diskriminiert, hieß es dabei weiterhin. Darüber hinaus könne gar nicht die Rede davon sein, die Bundesärztekammer arbeite zu langsam.

Aktuell findet eine Überprüfung der Zulassungskriterien lediglich alle zwei Jahre statt. Dabei wird die Bundesärztekammer nicht nur vom Robert-Koch-Institut und dem Paul-Ehrlich-Institut beraten, sondern auch von Vertretern des Bundesgesundheitsministeriums. Und bei eben dieser Beraterrolle nehme die Bundesärztekammer eine zunehmende Politisierung wahr.

Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Qualität und die Sicherheit von Blutprodukten in Deutschland und den Schutz der Empfänger vor der Übertragung schwerwiegender Infektionskrankheiten.

Die Meinung unseres Teams

Wir von „A Beautiful Health“ finden, dass es keinesfalls erlaubt sein darf, bestimmte Personengruppen bei der Blutspende zu diskriminieren. Die Bereitschaft, Blut zu spenden und damit anderen Menschen zu helfen, ist im internationalen Vergleich in Deutschland relativ hoch. Allerdings wird es immer schwerer, den klinischen Bedarf an Blutkonserven zu decken. Wir können es uns also schlichtweg nicht erlauben, bereitwillige Blutspender ohne medizinische Notwendigkeit zu verprellen.

Die Meinungen zur Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mögen gespalten sein. Einen Einfluss auf die Frage nach der Verhältnismäßigkeit und Zweckmäßigkeit geltender Auswahlkriterien bei der Blutspende darf dies trotzdem nicht haben.

Jede einzelne abgegebene Blutspende wird in Deutschland mittlerweile standardmäßig auf bestimmte Krankheitserreger untersucht. Dazu gehören neben HIV auch Syphilis und Hepatitis. Das Risiko einer kontaminierten Blutkonserve geht daher ohnehin schon gegen Null, auch wenn ein hundertprozentiger Schutz allein schon aus technischen Gründen nicht möglich ist. Derzeit liegt das Risiko, sich über eine Bluttransfusion mit dem HI-Virus anzustecken bei 1:25 Millionen.

Gleichgeschlechtlich sexuell aktive Männer gehören nachweislich zur HIV-Risikogruppe Nummer 1. Daher ist es aus medizinischer Sicht selbstverständlich nachvollziehbar, ihre Zulassung zur Blutspende auf wissenschaftlichen Fakten basierend zu beschränken. Wenn führende Experten zu einer Frist von 6 – 8 Wochen nach dem letzten Geschlechtsverkehr raten, so sehen wir von „A Beautiful Health“ keinen Grund, diese Maßgabe nicht auch politisch umzusetzen. Und dabei muss die Frage nach der Richtlinienkompetenz und der zeitlichen Abfolge in jedem Fall erlaubt sein.

Niemand sollte bei der Blutspende unnötig diskriminiert werden!

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