Wir haben ja bereits einen Artikel zur Alterung der Haut hier in diesem Blog publiziert, weil diese natürlich für unser Thema der ästhetischen Medizin eine wichtige Bedeutung hat. In diesem Artikel wollen wir uns nochmals mit der Alterung, diesmal aber ganz allgemein beschäftigen.
Wie diese Tabelle zeigt, hat sich unsere Lebenserwartung seit 1950 von 67,5 Jahren auf 81,1 Jahre im Jahr 2020 erhöht. Das hört sich ja erstmal gut an. Aber ein gestiegenes Alter allein hat noch keine große Aussagekraft. Die Frage ist vielmehr, wie es denn den immer älter werdenden Menschen geht. Und da finden wir auch den Grund, warum sich eine neue Disziplin, die sich Anti-Aging Medizin nennt, in den vergangenen Jahren entwickelt hat: Denn viele ältere Menschen leiden unter chronischen Erkrankungen, siechen oftmals Jahrzehnte vor sich hin, werden mit vielen verschiedenen Medikamenten am Leben erhalten, aber das Thema Lebensqualität muss einfach kritisch hinterfragt werden. Der Anti-Aging Medizin geht es nämlich vor allem darum, die Lebensqualität im Alter zu erhöhen.
In der German Society for Anti Aging Medicine (GSAAM, Deutsche Gesellschaft für Anti Aging Medizin) haben sich Mediziner zusammengeschlossen, die sich für diese Problematik besonders interessieren. Der Begriff Anti-Aging ist deshalb mehr einem guten Marketing geschuldet. Er beschreibt aber nur ungenau, womit sich dieser Zweig der Medizin beschäftigt.
Vital und Gesund alt werden
Damit ist das Ziel der Anti-Aging Mediziner benannt. Die Mitglieder sind mehr auf die Praxis orientiert, die Forschung ist mehr Aufgabe anderer Disziplinen wie der Ernährungsmedizin, der Sportmedizin, der Endokrinologie (Hormonforschung), der Zellbiologie, der Gerontologie (Altersmedizin) und der Neurologie. In dem Drang, Patienten möglichst schnell Hilfe anzubieten, werden deshalb von den Anti-Aging Medizinern manchmal Therapien eingesetzt, die noch nicht endgültig erforscht sind. Das ist eigentlich nicht schlimm, denn wenn man wartet, bis alles erforscht ist, kann man am St. Nimmerleinstag mit der Therapie beginnen. Aber schauen wir uns doch erstmal an, mit welchen Säulen sich die Anti-Aging Medizin genau beschäftigt.
Zur Anti-Aging Medizin gehören:
- Änderung des Lebensstils
- Bewegung
- Ernährung
- Orthomolekulare Medizin (Zuführung von Stoffen zur Verbesserung der Zellaktivität)
- Hormonersatztherapie
- Ästhetische Medizin
Das Ziel ist es dabei vor allem, alten Menschen dabei zu helfen, sich bis ins hohe Alter vital und gesund zu fühlen.
Die 6 Säulen der Anti-Aging Medizin
Änderung des Lebensstils
Wir können uns darunter vorstellen, dass unser heutiger Lebensstil mit dazu beiträgt, wie unser Alter aussieht. Bewegung und Ernährung gehören auch zu unserem Lebensstil, aber sie sind so wichtig, dass sie eigene Kategorien sind. Hier geht es ganz allgemein um unser Leben, also die Frage, wieviel Stress wir ausgesetzt sind, ob wir immer erreichbar sein müssen, ob die sozialen Medien unsere Selbstwahrnehmung bestimmen, wie unsere sozialen Beziehungen aufgebaut sind und so weiter.
Bewegung
Welche Art von Bewegung erhält die Gesundheit? Wieviel Bewegung braucht der alternde Mensch? Welche Herausforderungen an ein Training sind gesund, welche vielleicht sogar schädlich? sind Fragen, die von der Anti-Aging Medizin beantwortet werden sollten.
Ernährung
Uns wird immer bewusster, dass Ernährung und Medizin eigentlich beinahe gleichzusetzen sind. Die Frage, wie wir uns ernähren, welche Stoffe wir zu uns nehmen über Jahrzehnte beeinflusst unsere zukünftige Gesundheit zu einem sehr großen Anteil. Unsere moderne, auf Mobilität aufbauende Gesellschaft bietet uns Fertiggerichte, Fast Food Essen, Konservierungsmittel, Geschmacksverstärker und viele andere Stoffe, die nicht gut für unsere Gesundheit sind, wenn wir uns fast ausschließlich von ihnen ernähren.
Orthomolekulare Medizin
Der Begriff stammt von Linus Pauling, einem Nobelpreisträger. Er meinte damit, dass unser Körper eine Unterversorgung an bestimmten Nährstoffen hat und diese deshalb zugeführt werden sollten. Darum hat sich eine ganze Industrie von Nahrungsergänzungsmittel produzierenden Firmen entwickelt, die ohne klare wissenschaftliche Nachweise ihr Geschäft betreiben. Viele ernsthafte Behandler bemühen sich darum, orthomolekulare Medizin richtig anzuwenden, indem sie sich auf Studien berufen, die wie z.B. beim Vitamin D3 eine Unterversorgung der Bevölkerung mit diesem Vitamin wirklich nachweisen. Auch ein Spezialkomplex, nämlich die mitochondriale Medizin, untersucht, inwieweit Micronährstoffe die Aktivität der Mitochondrien innerhalb der Zellen wieder verbessern können. Beispielsweise Co-Enzym Q10 oder grüner Tee stehen hier vermehrt im Fokus.
Ehrlicherweise muss man erwähnen, dass es noch keine individuelle Diagnostik für den Zustand der Mitochondrien gibt und die genannten Stoffe deshalb vor allem Richtwerte sind, aber nicht individuell abgestimmte Medikamentierungen. Trotzdem können sie dem Körper etwas Gutes tun, beispielsweise weil sie ihn vor oxidativem Stress schützen.
Hormonersatztherapie
Die Anti-Aging-Medizin fand immer schon die Idee attraktiv, dass die Verminderung unserer Hormonproduktion durch zusätzlich zugeführte Hormone aufgefangen werden kann. Über diese Idee gibt es einen erbitterten Meinungsstreit, der von beiden Seiten auch durch Studien unterstützt werden kann. Richtig ist, dass eine massive, unkontrollierte Gabe von Hormonen heute nicht mehr durchgeführt wird. Aber richtig ist auch, dass neuere Studien nachgewiesen haben, dass eine vorsichtige und kontrollierte Gabe von Hormonen in vielen Fällen durchaus hilfreich sein kann. In jüngster Zeit geht man davon aus, dass Hormone am besten über Cremes in die Haut und damit in den Körper eingebracht werden.
Ästhetische Medizin
Die Anti Aging Mediziner rechnen auch die Ästhetik zu ihrer Disziplin. Und damit liegen sie eigentlich auch gar nicht so falsch. Ziel ästhetischer Behandlungen ist nämlich vor allem, sich wohler in der eigenen Haut zu fühlen, weil man sich vitaler findet, weil man sich besser im Spiegel ansehen kann und weil andere Menschen einen frischeren Eindruck von einem bekommen. Diese Gemengelage berechtigt dazu, Ästhetische Medizin durchaus der Anti-Aging Medizin zuzuordnen.
Die Siebte Säule – PPC als Membrantherapeutikum
Die Ärzte des Netzwerks Extended Medicine vertreten die Auffassung, dass PPC als Molekülkombination mit besonderen therapeutischen Eigenschaften eigentlich zur Basistherapie einer jeden Anti-Aging-Behandlung gehören und deshalb als zusätzliche Säule in den bestehenden Kanon aufgenommen werden sollte. Wir werden in einem weiteren Artikel die Begründung der Netzwerk-Mitglieder hierzu genauer vorstellen.
Alterung – ein viel diskutierter Prozess
So frisch und modern der Ansatz der Anti-Aging Medizin auch klingt, wir sollten nicht vergessen, dass wir es beim Thema Alterung mit einem gesellschaftlich durch und durch vernachlässigten Bereich zu tun haben, den man hier einmal ganz deutlich als skandalös bezeichnen sollte. Es ist ein Skandal, dass erst das Bundesarbeitsgericht urteilen muss, dass osteuropäische Pflegekräfte nicht ausgebeutet werden dürfen.
Es ist gleichzeitig ein Skandal, dass in Deutschland Pflegekräfte chronisch unterbezahlt sind. Und ist es nicht auch ein Skandal, dass alte Menschen industriell abgefertigt werden müssen, weil sonst die Kosten überschritten werden? Ein Skandal ist es auch, dass nach dem Urteil die 3 Millionen, die zu Hause privat gepflegt werden, nur eine geringe Unterstützung erhalten, die eine private Pflegekraft nicht abdeckt. Ein langes Leben ist gut und schön, aber wenn es keine gute Qualität mehr aufweist, dann kann es leicht zur Qual werden.
An dieser Stelle legt die Anti-Aging Medizin zu Recht den Finger in die Wunde. Unsere Gesellschaft muss sich grundlegend Gedanken darüber machen, wie sie zukünftig dieses Problem angehen will. Denn die sogenannte Baby-Boomer-Generation kommt als Rentner erst noch auf uns zu. Der Skandal um den Umgang mit den Alten kann nicht einer Gruppe oder Partei angelastet werden. Er ist ein seit Jahrzehnten vernachlässigtes Problem, an dem alle eine Mitschuld haben.
Wie wollen wir zukünftig im Alter zusammenleben? Welche Unterstützung benötigen Menschen, die sich während ihrer Arbeitszeit stark verausgabt haben? Wie kann die Anti-Aging Medizin einem zunehmenden Verfall in Multimorbidität (= mehrere chronische Erkrankungen, damit einhergehend Gabe von vielen verschiedenen Medikamenten) entgegenwirken? All diese Fragen haben dringenden Klärungsbedarf.
Wir wollen uns in einem weiteren Artikel mit Lösungsmöglichkeiten der gesellschaftlichen Problematik beschäftigen. Außerdem möchten wir neuere Forschungsansätze zum Thema Alterung in diesem Blog referieren.