Wenn Berufsunfähigkeitsversicherungen nicht zahlen wollen

Berufsunfähigkeitsversicherungen - Was es zu beachten gilt
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Berufsunfähigkeitsversicherungen zählen zu dem kleinen Kreis derjenigen Versicherungsprodukte, die Verbraucherschützer in Deutschland empfehlen. Denn immerhin sollen sie ja genau das absichern, worauf viele von uns ausausweichlich angewiesen sind: unsere Arbeitskraft.

Leider kommt es immer wieder vor, dass die jeweiligen Versicherungsunternehmen im Ernstfall nicht zahlen wollen. Rund jeder vierte Antrag auf diesbezügliche Leistungen wird mittlerweile abgelehnt. Doch wie kann das sein? Wir geben euch einen Einblick in die gängigen Vermeidungstaktiken der Branche.

Anzweifeln der Berufsunfähigkeit

Juristische Spitzfindigkeiten

Wo keine Berufsunfähigkeit vorliegt, müssen auch keine Leistungen erbracht werden. Also setzen die Versicherer genau an diesem Punkt an. In der Regel muss ein Versicherungsnehmer durch ein ärztliches Attest nachweisen, dass er zu mindestens 50% bei seiner Berufsausübung eingeschränkt ist.

Nun muss man allerdings wissen, dass die privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen ganz andere Maßstäbe anlegen als beispielsweise die gesetzliche Rentenversicherung. Selbst wenn eine Erwerbsminderungsrente oder sogar Erwerbsunfähigkeitsrente vorliegt, heißt das noch lange nicht, dass private Versicherer auch die erhoffte Leistung erbringen.

Außerdem wird im privaten Sektor penibel zwischen einer Behinderung und einer allgemeinen Berufsunfähigkeit unterschieden. Dazu ein Beispiel:
Eine Person, die nach einem Unfall querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzt, weist selbstredend einen hohen Behinderungsgrad auf. Allerdings ließe sich argumentieren, dass der Betroffene doch weiterhin ohne größere Einschränkungen einer Bürotätigkeit nachgehen könne.

Zudem muss jeder Betroffene nachweisen, dass seine Genesungsphase voraussichtlich mindestens 6 Monate oder in speziellen Fällen länger als 3 Jahre in Anspruch nehmen wird – wenn eine Heilung denn überhaupt absehbar ist. Sollte die vom Arzt prognostizierte Genesungsphase nun allerdings unter der entsprechenden zeitlichen Grenze liegen, so erlischt von Seiten der Versicherer deren Leistungsverpflichtung. Gerade bei psychischen Gründen wie Depression oder Burnout ist eine solche Prognose oftmals schwierig und damit vermehrt Streitpunkt zwischen Versicherten und Versicherern.

Verweisung in einen anderen Beruf

Besonders ältere Berufsunfähigkeitsversicherungen sehen in ihren Verträgen eine sogenannte abstrakte Verweisung vor. Das bedeutet, dass das Unternehmen von dem jeweiligen Versicherten verlangen kann, den Beruf zu wechseln, falls die vorherige Stelle nicht mehr ausgefüllt werden kann. Ob der Versicherungsnehmer dabei überhaupt eine Aussicht auf Neuanstellung hat, ist für die Versicherungsunternehmen dabei meist irrelevant.

Die gute Nachricht ist jedoch, dass die Praxis der abstrakten Verweisung mittlerweile größtenteils von der sogenannten direkten Verweisung abgelöst wurde. Dieses Prinzip sieht vor, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung so lange zahlen muss, bis der Betroffene eine Anstellung in einem anderen Beruf gefunden hat. Dabei muss außerdem sichergestellt sein, dass die neue Stelle eine ähnliche Vergütung  wie die alte aufweist und mit der ehemaligen Stellung des Versicherungsnehmers vergleichbar ist. Die Versicherung darf also niemanden dazu zwingen, den erstbesten Aushilfsjob anzunehmen oder in einen deutlich schlechter bezahlten Sektor zu wechseln.

Neuprüfung bestehender Leistungen

Bezieht ein Versicherungsnehmer bereits Leistungen beispielsweise in Form einer Rente, so hat der Versicherer das Recht auf ein sogenanntes Nachprüfungsverfahren. Hierdurch möchte das Unternehmen ermitteln, ob die Voraussetzungen für den Bezug der Rente weiterhin gegeben sind.

Ausschluss bestimmter Erkrankungen

Oftmals schließen Verträge über Berufsunfähigkeitsversicherungen bestimmte Erkrankungen oder auch Vorerkrankungen aus. Hier ein typischer Fall:
Ein Kunde mit einem bereits zurückliegenden Bandscheibenvorfall schließt eine Versicherung ab. Einige Zeit später kommt es dann durch einen erneuten, schweren Vorfall zu einer dauerhaften Berufsunfähigkeit. Der Versicherer hat in dem Vertrag jedoch aufgrund der bekannten Vorerkrankung Rückenleiden vom Versicherungsschutz ausgenommen. Der Kunde geht demnach leer aus.

Es lohnt sich demnach immer ein genauer Blick in die konkreten Vertragsklauseln, wenn man seine Beiträge nicht umsonst gezahlt haben möchte.

Anfechtung des Vertragsabschlusses

Wie oben beschrieben schließen Versicherungsunternehmen oftmals bestimmte Erkrankungen aus. Doch ein Versicherer kann auch nachträglich noch vom Vertrag zurücktreten, wenn er nachweisen kann, dass der Kunde falsche Angaben zu seiner medizinischen Vorgeschichte gemacht hat.

Das Problem hierbei besteht nun darin, dass eine Prüfung der Angaben erst im konkreten Versicherungsfall erfolgt. Die Versicherung fordert in diesem Fall nämlich die Krankenakte der Patienten an und sucht nach verwertbaren Ansatzpunkten. Oftmals werden hierbei Vorerkrankungen ins Feld geführt, die mit der eigentlichen Berufsunfähigkeit überhaupt nicht in Verbindung stehen. Dies kann sich bis hin zum Vorwurf der arglistigen Täuschung ausweiten.

Es ist dabei allerdings anzumerken, dass Versicherungen mit dieser Taktik schon oft vor Gericht gescheitert sind und schlussendlich doch die vertraglich zugesicherten Leistungen erbringen mussten. Wichtig ist es hierbei, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich keine Angst vor der Juristenkeule machen zu lassen.

Verzögerung und Zermürbung

Leider sitzen die Versicherungen im Streitfall oft am längeren Hebel. Ein Kunde, der einen Antrag auf Leistung stellt, ist bereits gesundheitlich angeschlagen und droht in eine finanzielle Schieflage zu geraten. Daher lassen Versicherer oftmals die Bürokratie für sich arbeiten. Sie fordern Unterlagen und Gutachten, lassen eigene Gegengutachten erstellen und verschleppen so die Bearbeitung des Falles.

Im Falle einer Ablehnung des Antrages, lassen es einige Unternehmen oftmals kalkuliert auf einen Prozess vor Gericht ankommen. Entweder hoffen sie darauf, dass der Kunde nicht die finanziellen Möglichkeiten für einen langen Rechtsstreit hat oder irgendwann hierzu gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist. Oftmals wird den so zermürbten Kunden dann ein Vergleichsangebot unterbreitet, welches deutlich hinter der Summe zurückbleibt, die dem Betroffenen zugestanden hätte.

Wichtiger Hinweis:
Wir wollen mit diesem Artikel keinesfalls ein schlechtes Licht auf die Versicherungsbranche als Ganzes werfen. Viele Unternehmen nehmen ihre Aufgaben gewissenhaft wahr und wollen nur das Beste für ihre Kunden. Doch wo sich finanzielle Interessen in den Beurteilungsprozess der gestellten Anträge mischen, entsteht ein Konflikt. Und nicht jeder Versicherer löst dieses Problem auf ethisch korrekte Weise.

Entsprechend wollen wir euch in einem unserer nächsten Artikel darüber aufklären, was es vor Abschluss von Berufsunfähigkeitsversicherungen zu beachten gilt.

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