Die Traditionelle Chinesische Medizin basiert auf fünf elementaren Säulen: Arzneimittel, Akupunktur, Massage, Ernährung und Qigong. Letzteres wird hierzulande oftmals als Chigong bezeichnet und erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Doch da man als Außenstehender häufig nur die finale Ausführung einzelner Bewegungen wahrnimmt, fällt es schwer, das zugrundeliegende Prinzip zu erfassen. Wir versuchen für euch ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen und erklären die einfachen Grundlagen des Qigong.
Woher stammt der Begriff Qigong?
Einem abstrakten Begriff nähert man sich oft am besten, indem man ihn etymologisch aufspaltet, um ihn dann in seiner Gesamtheit zu erfassen. Das Wort Qi bedeutet im Chinesischen so viel wie Atem, aber auch Energie und innere Kraft. Bei Philosophen und Medizinern steht es insbesondere für die Kraft der Bewegung, aber auch der Vitalität. Gong andererseits lässt sich mit Arbeit, ebenso wie Fähigkeit oder Können übersetzen. Qigong könnte also die Arbeit am Qi oder die Fähigkeit mit Qi umzugehen sein. Wie genau man das macht, stellen wir euch im Folgenden vor.
Was ist Qigong nun genau?
Qigong vereint in sich das System der Bewegung, der Konzentration sowie der Meditation. In der Traditionelle Chinesische Medizin gilt es als eine Methode der Selbstheilung und der Stärkung. Viele Übungen und Bewegungsabläufe sind bereits seit über 1.000 Jahren bekannt und erprobt. Da Qigong sowohl präventiv als auch therapeutisch eingesetzt werden kann, ist es in China weit verbreitet und erfährt auch hierzulande immer mehr Interesse.
Bei einem gesunden Menschen ist das Qi im steten Fluss und erreicht gleichmäßig alle Teile des Körpers. Das Verständnis hinter Qigong ist es nun, diesen Energiefluss über die sogenannten Meridiane aufrecht zu erhalten, zu stärken und im Bedarfsfall wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Denn in der Traditionellen Chinesischen Medizin geht jede Krankheit mit einer Störung des Qi-Flusses einher. Anhänger dieser Lehre sehen in Qigong sogar den Grundstein für ein langes Leben.
Qigong allerdings nur als eine rein körperliche Betätigung zu betrachten, greift jedoch zu kurz. Gemäß des Prinzips von Yin und Yang bildet der Körper die eine Hälfte dieser Kunst, der Geist die andere. Beides in Einklang zu bringen und individuell zu erfahren, gilt als höchste Form der Erkenntnis.
Welche Formen gibt es?
Qigong kennt viele unterschiedliche Ausprägungen. Einige sind stark vom Buddhismus, andere besonders vom Daoismus geprägt. Wieder andere enthalten auffallend viele Charakteristika verschiedener Kampfkünste. Das Forschungsinstitut für Qigong in Peking führt derzeit eine Liste von etwa einhundert anerkannten Richtungen. Hinzu kommen noch einmal weitere eintausend Formen, die es nach strenger Prüfung nicht auf besagte Liste geschafft haben.
Sämtliche anerkannten Stil-Richtungen haben ein entscheidendes Kriterium gemein, nämlich die Aufteilung in zwei Bereiche: Das stille und das bewegte Qigong.
Das Stille Qigong (Jinggong)
Bei dieser Form geht es primär um sogenannte innere Bewegungen, also Übungen für die Atmung, die Konzentration und die Meditation sowie die eigene Vorstellungskraft. Manchmal gehen diese Übungen mit kleinen, geschmeidigen äußeren Bewegungen einher. Allerdings kommt das stille Qigong größtenteils auch ohne körperliche Bewegungsabläufe aus.
Das Bewegte Qigong (Donggong)
Das sogenannte bewegte Qigong setzt dagegen gezielt auf eine Verbindung von äußerer und innerer Bewegung. Es geht folglich nicht darum, einfach nur vorgegebene Katas durchzuführen, sondern Körper und Geist in Einklang zu bringen. Häufig sehen die Übungen nach außen hin einfach aus, jedoch darf man sich davon nicht täuschen lassen. Viele Bewegungsabläufe können fordernd sein für Gleichgewicht und Gelenke. Daher sollte man auch niemals auf eigene Faust ohne professionelle Anleitung mit dem Training beginnen.
Übungsreihen
Im Qigong gibt es zahlreiche Übungsreihen, die viele unterschiedliche Bewegungsabläufe beinhalten. Manche werden im Sitzen, die meisten aber im Stehen ausgeführt. Oft haben diese Übungsreihen klangvolle Namen wie die acht Brokate oder der Atem des Universums.
Die wohl bekannteste und gleichzeitig älteste Übungsreihe heißt das Spiel der fünf Tiere (Wu Kin Xi). Bär, Tiger, Kranich, Affe und Hirsch verkörpern die fünf chinesischen Elemente Erde, Wasser, Metall, Feuer und Holz. Verschiedene Übungen symbolisieren Gestik, Mimik und Gestalt der fünf Tiere
Die Sechs-Laute-Methode dagegen umfasst gezielte Atemübungen, die jeweils mit sechs unterschiedlichen Lauten – mal hörbar, mal still – untermalt werden.
Sämtliche Übungsreihen entspringen der Beobachtung der Natur. Egal, ob nun Pflanzen, Tiere oder Elemente kopiert werden, es geht stets um die Einheit von Körper und Geist mit der jeweiligen Umgebung. Dabei ist es übrigens irrelevant, ob man sich gerade im Park, in einem Dojo oder im heimischen Wohnzimmer befindet.
Die Wirkung
Neben der Förderung des Wohlbefindens, der Entspannung und der inneren Einkehr haben moderne Studien und Untersuchungen auch etliche konkrete positive Effekte von regelmäßigem Qigong-Training bestätigt.
- Rückenschmerzen, Gelenkbeschwerden und Haltungsschäden werden gelindert
- Stress, Schlafstörungen, Müdigkeit und daraus resultierenden Symptomen wie Kopfschmerzen, Reizmagen oder Reizdarm kann entgegengewirkt werden
- Es stärkt den Kreislauf, verbessert die allgemeine Beweglichkeit und kann sogar Verspannungen lockern
- Das Training kann außerdem bei Bluthochdruck und Kreislaufproblemen helfen
- Frauen, die sich im Zuge einer Brustkrebs-Erkrankung einer Strahlentherapie unterziehen mussten, konnten durch Qigong ihre Lebensqualität deutlich verbessern
- Gerade bei der Lungenrehabilitation zeigen die Übungen deutliche Wirkung und verhindern eine erneute Verschlechterung des Allgemeinzustandes
- Auch in der Psychotherapie wird Qigong mittlerweile eingesetzt, was merklich zur Beruhigung der Patienten beiträgt
Wichtiger Hinweis
Viele Bewegungen sehen zwar einfach aus, allerdings solltet ihr nicht einfach auf eigene Faust loslegen. Die Grundlagen des Qigong solltet ihr stets von einem erfahrenen Lehrmeister erlernen. Nach einer umfassenden Einführung in die Grundlagen könnt ihr dann aber natürlich gerne zu Hause trainieren. Hierbei ist es wichtig, dass ihr konsequent am Ball bleibt. Erst regelmäßiges Training mehrmals die Woche für jeweils 30-45 Minuten führt zu den oben beschriebenen positiven Effekten des Qigong. Erfahrene Anwender berichten jedoch, dass die Übernahme des Trainings in den Alltag schnell in Fleisch und Blut übergeht und so der äußere Druck entfällt.
Weitere Beiträge zum Thema Traditionelle Chinesische Medizin findet ihr hier: https://abeautifulhealth.org/tag/traditionelle-chinesische-medizin/
Wenn ihr euch selbst noch intensiver mit Qigong auseinandersetzen wollt, empfehlen wir euch die Homepage der Bundesvereinigung für Taijiquan und Qigong e.V.: Link zur Homepage