Das Recht auf Einsicht in die Patientenakte – Wir schaffen Klarheit

Das Recht auf Einsicht der Patientenakte - Wir schaffen Klarheit
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Für die meisten Patienten ist ihre vom Arzt geführte Akte ein ominöses und wenig greifbares Dokumentationsmedium. Auszüge daraus erhält man in der Regel nur auf konkrete Anfrage in Form eines Arztbriefes. Dabei haben wir alle einen juristischen Anspruch auf Einsicht in unsere Patientenakte. Die wichtigsten Punkte zu diesem Thema haben wir für euch recherchiert und zusammengefasst.

Das Recht auf Einsichtnahme nach § 630g BGB

Absatz 1: Die Einsichtnahme

Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen.

Das bedeutet im Klartext, dass ihr grundsätzlich und zu jeder Zeit ein Recht darauf habt, Einsicht in eure Patientenakte zu verlangen. Euer behandelnder Arzt muss schon wirklich gute Gründe anführen, um einer solchen Forderung zu widersprechen. Das bedeutet in der Konsequenz dann auch, dass er euch nicht mit einem einfachen Arztbrief in der folgenden Woche abspeisen darf. Allerdings solltet ihr ein wenig kulant sein und unverzüglich nicht mit sofort gleichsetzen. Oft bedeutet es für den Arzt und seine Mitarbeiter einen Mehraufwand zum regulären Tagesgeschäft. Eine Wartezeit von 24 Stunden solltet ihr also schon einplanen.

Übrigens müsst ihr nicht einmal einen speziellen Grund für euer Anliegen angeben. Das reine Patientenverhältnis zu eurem Arzt gibt euch das volle Recht zur Einsichtnahme. Selbstverständlich können Erziehungsberechtigte Einsicht in die Akten ihrer Kinder oder Betreuer in die ihrer Schutzbefohlenen verlangen. In diesen Fällen kann es allerdings ein Weilchen dauern, bis der entsprechende Mediziner die Rechtmäßigkeit des Anliegens geprüft hat. Aber ihr wollt ja sicher auch keinen Arzt, der vorschnell und leichtfertig eure Akte preisgibt. Länger als zwei Wochen sollte er sich dafür aber dann doch nicht Zeit lassen.

Aber auch ihr müsst euch an bestimmte Regeln halten. Diese sind in Paragraph 811 BGB genau definiert. So habt ihr zwar das Recht auf Einsichtnahme, aber primär nur an dem Ort, an dem die Akte geführt wird. Ihr müsst folglich also schon den Weg zur Arztpraxis auf euch nehmen, um euer Recht ausüben zu können. Denn von einem Arzt kann nicht verlangt werden, dass er euch die Akte buchstäblich nachträgt.

Absatz 2: Abschriften und Kopien

Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.

Auch wenn der Begriff der Einsichtnahme einen anderen Eindruck vermittelt, so habt ihr dennoch das Recht, eine elektronische Abschrift oder auch Kopie eurer Akte zu erhalten. Es geht im Grunde ja nicht um den Erhalt der physischen Akte als solches, sondern um die darin enthaltenen Informationen. Wenn ihr die Dokumentation eures Patientendaseins bei eurem jeweiligen Arzt also zum Studium mit nach Hause nehmen oder einem anderen Mediziner vorlegen möchtet, so könnt ihr das mithilfe von Abschriften oder Kopien tun.

Dass ihr dem Arzt die Kosten, die für die Anfertigung solcher Abschriften und Kopien entstehen, ersetzen müsst, ist allein schon eine Frage der Fairness. Klar muss aber auch sein, dass ihr nur die Kosten für die Kopien oder die Vervielfältigung tragen müsst, nicht aber für die aufgewendete Zeit des Arztes. Mehr als ein paar Euro darf er euch also nicht in Rechnung stellen.

Absatz 3: Angehörige und Erben

Im Fall des Todes des Patienten stehen die Rechte aus den Absätzen 1 und 2 zur Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Interessen seinen Erben zu. Gleiches gilt für die nächsten Angehörigen des Patienten, soweit sie immaterielle Interessen geltend machen. Die Rechte sind ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht.

Eine berechtigte Frage ist stets: „Was passiert mit meiner Patientenakte im Falle meines Todes?“. Das BGB regelt hier ganz klar, dass die Rechte an eurer Patientenakte euren Erben zufallen. Voraussetzung hierfür ist aber deren vermögensrechtliches Interesse. Bei Behandlungsfehlern geht nämlich der Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld auf die Erben über. Wer allerdings das Gesamterbe ausschlägt, der hat auch kein Anrecht auf die Patientenakte.

Von einem immateriellen Interesse spricht der Jurist dann, wenn Angehörige medizinische Folgen für sich selbst ausschließen wollen. Erbkrankheiten oder genetische Vorbelastung sind hierfür die am häufigsten angeführten Gründe. Speziell bei einigen Krebserkrankungen kann es von Interesse sein, ob eine mögliche Vererbung vorliegen kann.

In beiden Fällen kann der Forderung durch zwei konkrete Bedingungen widersprochen werden:

  1. Der Verstorbene hat per Testament verfügt, dass seine Patientenakte unter Verschluss gehalten werden soll.
  2. Der Arzt oder ein Angehöriger können glaubhaft versichern, dass die Einsichtnahme durch Dritte gegen den Willen des Verstorbenen geschehen würde.

Empfehlung unseres Teams:

Ganz gleich, ob es nun um einen Arztwechsel, die Überweisung zu einem Spezialisten oder nur euer persönliches Interesse geht, solltet ihr euer Recht auf Einsicht in eure Patientenakte bewusst in Anspruch nehmen. Lasst euch nicht mit Ausreden oder bloßen Arztbriefen abspeisen, sondern macht euch klar, dass ihr nur von eurem gesetzlich verankerten Recht Gebrauch macht. Habt also keine Scheu oder gar schlechtes Gewissen, euren Arzt entsprechend darauf anzusprechen. Seid aber fair und gebt eurem Gegenüber Zeit und Gelegenheit, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Die meisten Ärzte zeigen sich durchaus kooperativ, solange ihr Form und Anstand wahrt.

Mehr Beiträge dieser Art findet ihr auf unserem Blog unter dem Schlagwort Medizinrecht.

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