Jedes Jahr steht der 9. September ganz im Zeichen des alkoholgeschädigten Kindes. Doch leider ist das Fetale Alkoholsyndrom längst nicht jedem ein Begriff. Wir wollen Aufklärungsarbeit leisten und liefern euch deshalb eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Fakten.
Was genau ist das Fetale Alkoholsyndrom?
Als Fetales Alkoholsyndrom (FAS) bezeichnet man eine Schädigung eines ungeborenen Kindes während der Schwangerschaft durch Alkoholkonsum der Mutter. Häufig wird auch der Begriff Alkoholembryopathie verwendet. Das FAS ist die ausgeprägteste Form der sogenannten Fetalen Alkoholspektrumsstörungen. Mediziner gehen davon aus, dass in Deutschland jedes Jahr 10.000 Kinder mit eben diesen Störungen zur Welt kommen. Jedes fünfte wiederrum leidet am Vollbild FAS, womit es hierzulande zu den häufigsten angeborenen Behinderungen zählt. Das Risiko eines FAS ist sogar doppelt so hoch wie das von Trisomie 21 (Down-Syndrom).
Genaue Zahlen liegen leider nicht vor, da diese Form der Schädigung oftmals falsch oder sogar gar nicht erkannt wird. Und das trotz einer seit 2013 gültigen S3-Richtlinie!
Zu dieser Schädigung kommt es, da die sogenannte Plazentaschranke zwar die meisten Schadstoffe und Krankheitserreger aus dem Blut der Mutter filtert, Alkohol aber fast ungehindert durchlässt. Dieser ist jedoch hochgradig reprotoxisch, also fruchtschädigend, und hat massive Auswirkungen auf die Entwicklung des Fötus. Schon 10 Gramm reiner Alkohol am Tag können eine FAS auslösen. Das ist ungefähr die Menge, die in 250ml Bier oder 100ml Wein enthalten ist. Damit besteht bereits bei moderatem Alkoholkonsum ein ernstzunehmendes Risiko für das ungeborene Leben. Die ersten beiden Drittel der Schwangerschaft sind dabei besonders kritisch.
Die Symptome eines FAS
Hierbei kann man zwischen körperlichen Einschränkungen und geistigen Beeinträchtigungen unterscheiden. Die Liste der Symptome ist lang.
Physische Auffälligkeiten im Gesichtsbereich:
- Ungewöhnlich kleiner Schädel mit dadurch beeinträchtigter Gehirnentwicklung
- Auffälligkeiten bei der Form der Augenlider und verbreiterter Augenabstand
- Kurze, flache Nase
- Dünne Oberlippe und oftmals nur schwach oder auch gar nicht ausgeprägte Furche zwischen Nase und Mund (Philtrum)
- Unterentwicklung des Unterkiefers
- Kleine Zähne
- Vermehrtes Auftreten einer Gaumenspalte
Weitere körperliche Symptome:
- Minderwuchs bereits im Mutterleib
- Fehlbildungen von Gelenken und Skelett
- Missbildung innerer Organe (z.B. Herzfehler, Nierenfehlbildungen)
- Missbildung der Genitalien
- Verzögerungen in der körperlichen Entwicklung
- Leistenbrüche
- Hör- und Sehstörungen
Betroffene eines FAS weisen häufig eine Beeinträchtigung bei der Verarbeitung von Informationen und Wahrnehmungen auf. Dies führt häufig dazu, dass sie sich sozial isolieren, Angst vor neuen Situationen haben und relativ leicht manipulierbar und ausbeutbar sind. Bei einigen ist darüber hinaus die eigene Impulskontrolle nachhaltig gestört, was sich zuweilen in aggressivem oder aufsässigem Verhalten zeigt. Außerdem sind ein erhöhtes Suchtrisiko, Auffälligkeiten im Sexualverhalten oder eine erhöhte Anfälligkeit für Depressionen und Angststörungen zu verzeichnen. Oftmals sind Erwachsene, die am FAS leiden, nicht in der Lage, ihren Alltag selbstständig zu gestalten oder auf sich allein gestellt zu leben.
Die Varianz innerhalb dieses Syndroms ist ausgesprochen groß. Während manche Betroffene lediglich einige geringfügige körperliche Auffälligkeiten an den Tag legen, wächst sich das FAS bei anderen sogar zu einer schweren geistigen Behinderung aus.
Die Schwierigkeiten bei der Diagnose
Ein bestehendes Fetales Alkoholsyndrom zu diagnostizieren, gestaltet sich oftmals als schwierig. Hierfür gibt es ganz unterschiedliche Gründe. Zunächst einmal fällt das naheliegendste Mittel, nämlich die Erfassung des Alkoholkonsums der Mütter während der Schwangerschaft, weg. Diese schämen sich häufig und machen falsche Angaben bei der Befragung durch den Arzt. Oftmals stehen sie auch als Ansprechpartner gar nicht zur Verfügung, da das Kind in einer Adoptiv- oder Pflegefamilie untergebracht ist. Außerdem gehen einige körperliche Anzeichen oftmals mit dem Wachstum verloren oder werden verschleiert.
Eine sichere Diagnose ist aufwändig und zeitintensiv. Die Symptome müssen als Ganzes betrachtet werden und entsprechend in Einklang gebracht werden. Leider ist nicht jeder Arzt bereit oder in der Lage, dieser Sorgfaltspflicht nachzukommen. Wachstumsanomalien beispielsweise können familiär oder hormonell bedingt sein. Auch Mangelerscheinungen allgemeiner Natur während der Schwangerschaft können Fehlbildungen hervorrufen. Und die Liste an potenziellen Hintergründen geistiger Auffälligkeiten und Einschränkungen ist auch nicht gerade kurz. Hinzu kommt, dass viele FAS-Betroffene einen ganz durchschnittlichen IQ aufweisen und lediglich in ihrer Wahrnehmung oder der Fähigkeit, sich auszudrücken, einschränkt sind. Das verfälscht natürlich die Ergebnisse gängiger Tests.
Die Behandlung eines FAS
Gleich vorab: Das Fetale Alkoholsyndrom ist nicht heilbar. Die meisten körperlichen und geistigen Einschränkungen sind irreversibel und begleiten die Betroffenen ein Leben lang. Es bleibt also nur, Schadensbegrenzung zu betreiben.
In der Regel beginnt eine Behandlung bereits innerhalb der ersten beiden Lebensjahre. Schwerwiegende Fehlbildungen und Organschäden müssen zeitnah behoben werden, um überhaupt ein halbwegs normales Leben zu ermöglichen. Seh- und Hörschädigungen können später meist durch Brillen oder Hörgeräte ausgeglichen werden. Auch wenn Entwicklungsstörungen oder -verzögerungen nicht völlig ausgeglichen werden können, profitieren Betroffene doch in jedem Fall stark von gezielter Physio- oder Ergotherapie und Logopädie.
Schwieriger gestaltet es sich oftmals im Umgang mit aggressiven oder dissozialen Verhaltensauffälligkeiten. Hier ist in der Regel psychotherapeutische Unterstützung gefragt. Diese ist zumeist langwierig und kräftezehrend. Nicht selten landen Kinder mit einem FAS in Pflegefamilien oder Heimen, da ihren leiblichen Eltern die Verantwortung über den Kopf wächst.
Unser Appell
Das Fetale Alkoholsyndrom ist nicht heilbar und begleitet Betroffene deshalb ihr Leben lang. Nicht selten führt es zu Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung. In fast allen Fällen bleibt ihnen ein unbeschwertes und selbstbestimmtes Leben verwehrt. Darum ist jeder von uns dazu aufgerufen, achtsam zu sein. Frauen wird nachdrücklich geraten, während der Schwangerschaft komplett auf Alkohol zu verzichten. Beherzigt diesen Ratschlag und seid mutig genug, andere darauf hinzuweisen.
Weitere Informationen und aber auch Hilfe findet ihr unkompliziert und vorurteilsfrei auf: https://www.fasd-deutschland.de/
Wenn euch das Thema am Herzen liegt, dann schreibt uns doch auch gerne. Wir würden uns freuen: contact@abeautifulhealth.org