Die Kompositorische Ästhetik – eine neue Philosophie der Behandlung Teil 2

Compositional aesthetics
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Da uns das Thema der ganzheitlichen Behandlung sehr am Herzen liegt, haben wir beim Netzwerk Globalhealth angefragt, ob sie für uns einen Gastartikel zu ihrer Philosophie der „kompositorischen Ästhetik“ verfassen würden. Im ersten Teil gab es bereits einen kleinen Exkurs zur Ästhetik, um die Relevanz der ersten beiden Punkten „Status und Prozess“ sowie „Invasivität“ klar zu machen. Hier geht es nun weiter:

Die Autoren sind Dirk Brandl – Sprecher der NETZWERK-Globalhealth Akademie für ästhetische Medizin, Dr. Michael Weidmann – Facharzt für Dermatologie, Prof. Dr. Jörg Faulhaber – Facharzt für Dermatologie, Dr. Margrit Lettko – Allgemeinärztin mit Schwerpunkt Ästhetik und Diplompsychologin Prof. Dr. Wilhelm Kaiser – Facharzt für Dermatologie

Ganzheitlichkeit

Ein Arzt, der nur ein einziges ästhetisches Verfahren beherrscht, kann auch nur einen winzigen Ausschnitt einer ganzen Palette von Möglichkeiten behandeln. Vielleicht habt Ihr auch schon einmal über die sogenannten Botoxparties gelesen, wo bei einem Gläschen Sekt schnell etwas unterspritzt wird.

Ein derartiges Verhalten ist unserer Meinung nach zutiefst unseriös und das genaue Gegenteil von Ganzheitlichkeit. Ganzheitlichkeit heißt umgekehrt allerdings nicht, dass jeder Arzt alle Verfahren beherrschen sollte. Dies ist schlechterdings unmöglich, dazu gibt es einfach zu viele. Jeder ästhetische Arzt sollte das machen, was er mit einschätzbarem Risiko und deshalb gut durchführen kann. Schwierige Operationen gehören in die Hände erfahrener, in chirurgischen Techniken gut ausgebildeter Ärzte. Dies müssen nicht zwangsläufig Plastische Chirurgen sein, denn auch andere Fachbereiche lernen zu operieren wie beispielsweise Hals-, Nasen- und Ohrenärzte, Dermatologen oder Gynäkologen, die eine Zusatzbezeichnung für plastische Operationen vorweisen können.

Diese Einschränkung zwingt zur Kooperation unter uns Ärzten. Nicht jeder kann und will alles machen. Deshalb bilden wir immer häufiger Netzwerke, durch die wir uns gegenseitig unterstützen. Für Sie als Patient hat das den Vorteil, dass Sie immer nur einen Ansprechpartner haben, der Ihre Situation überblickt, während andere Kollegen dann die notwendige praktische Tätigkeit durchführen können. Unsere Globalhealth Akademie für ästhetische Medizin gehört zum NETZWERK-Globalhealth, durch das wir genau solche lokalen Netzwerke unterstützen.

Umgekehrt bedeutet dieses arbeitsteilige Vorgehen nicht, dass wir mit einer einzigen ästhetischen Anwendung auskommen könnten. Wir Mitglieder der Akademie empfehlen allen Kollegen, mindestens folgende Bereiche mit einer Auswahl von Verfahren behandeln zu können, um Ihnen ein ganzheitliches Konzept zur altersbegleitenden Ästhetik anbieten zu können:

  • Volumen aufbauen
  • Volumen abbauen
  • durch Mimik entstandene Falten behandeln können
  • nicht mimische Falten behandeln können
  • den Hautstatus durch einige Verfahren positiv beeinflussen können

Diese fünf Bereiche gehören unserer Philosophie nach von einem ästhetisch arbeitenden Arzt angeeignet, wenn er oder sie Ganzheitlichkeit zur philosophischen Grundlage machen will. Die Stärke der Invasivität der fünf Bereiche hängt dann wieder von der Qualifikation ab, wobei durchaus zu beachten ist, dass einige Kollegen sich besondere Fähigkeiten in der minimal invasiven Behandlungsschiene angeeignet haben, andere mehr in der operativen.

Ein weiterer Baustein gehört unbedingt zur Ganzheitlichkeit dazu geordnet. Dieser hängt mit der ganzheitlichen Betrachtung unter ästhetischen Gesichtspunkten zusammen. Schlicht und einfach beschäftigen wir uns hier mit der Frage, ob Euer Arzt Euer Gesicht zu lesen weiß. Werden die Besonderheiten Eurer Physiognomie erkannt und gibt es Vorschläge, diese insgesamt zu verbessern?

Wir Akademiemitglieder betrachten Ganzheitlichkeit als einen zentralen Pfeiler unserer Philosophie, auch wenn wir wissen, dass viele Kollegen und auch Patienten damit zufrieden sind, sich ganz eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten zu unterwerfen.

Ergebnisoptimierung

Die vierte Säule der Kompositorischen Ästhetik betrifft die Optimierung der Ergebnisse durch Kombinationsbehandlungen. Je minimal invasiver die Verfahren werden, desto mehr besteht die Notwendigkeit, für eine bestehende Indikation mehrere Verfahren zu nutzen, um das Behandlungsresultat zu verbessern. Einige Verfahren lassen sich sehr gut miteinander kombinieren, andere sollten besser nicht miteinander kombiniert werden. Innerhalb der Akademie beschäftigen wir uns sowohl durch die Dokumentation von Anwendungen, die dann an alle Mitglieder weitervermittelt werden, als auch durch Studien damit, optimale Kombinationsmöglichkeiten zu definieren.

Einschränkend wollen wir hinzufügen, dass wir uns damit erst am Anfang einer neuen Entwicklung befinden und noch weitere Untersuchungen notwendig sind. Da Ihr auf unserem Blog noch nicht alle einzelnen Verfahren kennengelernt habt, wäre es hier müßig, die Kombinationen aufzuzählen. Wir werden diesen allerdings nach und nach weitere Kapitel widmen.

Heilungs- und Schmerz Management

Die fünfte Säule unserer Philosophie betrifft den Aspekt, dass die ästhetische Medizin zwar heilt, aber dennoch rein privat von unseren Patienten bezahlt werden muss bis auf ganz wenige Ausnahmen.

Um es auf einen einfachen Nenner zu bringen, sind ästhetische Patienten für uns besondere Patienten. Wir möchten nicht nur unsere Behandlungen klar strukturiert und durch gute und unabhängige Fortbildungen möglichst optimal durchführen, sondern wir denken kontinuierlich auch darüber nach, wie wir etwaige Schmerzen so weit wie möglich reduzieren können und wie wir Ihren Heilungsprozess unterstützen, verbessern und beschleunigen können.

Dies fängt bei Kleinigkeiten an, etwa der Wahl von speziellen, Schmerz reduzierenden dünnwandigen und feineren Nadeln für unsere Injektionen und kann zu weitreichenderen Unterstützungsbehandlungen führen, die mittlerweile sehr vielfältig sind, obwohl die normalen Krankenhäuser sie ihren Patienten bei einer OP nicht angedeihen lassen. Wir meinen hier beispielsweise die Behandlung mit dual-frequentem Ultraschall, Vitamin C Hochdosisinfusionen oder Vorbehandlung der Haut mit Mesotherapie vor operativen Eingriffen, um den Heilungsprozess zu verbessern.

Regeneration

In jüngster Zeit wurden einige Verfahren in die Ästhetik eingeführt, deren Wirkmechanismen eine Regeneration und dadurch Verbesserung der Hautstrukturen zu erzeugen vermögen, vor allem durch den Neuaufbau von Kollagen und Elastin. Diese betrachten wir wegen der Unterschiedlichkeit der Wirkmechanismen als eine eigenständige Säule der Kompositorischen Ästhetik. Alle sonst eingesetzten Verfahren arbeiten mit der Zerstörung von Zellstrukturen und damit einhergehend der anschließenden Vernarbung der betroffenen Regionen, beispielsweise durch Hitze oder Kälte. Wohlgemerkt: Diese Verfahren – z.B. die Anwendung von Lasern – sind für viele Indikationen sehr gut einzusetzen und haben durch den Einsatz von Hitze auf die zu behandelnden Strukturen sehr intensive Effekte. Wir wollen an dieser Stelle lediglich darauf aufmerksam machen, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, die durch ihre Wirkungen regenerativ arbeiten. Wir möchten hier vier Verfahren aufzählen: Die MesoLift Therapie, die Behandlung mit dem plättchenreichen Anteil des eigenen Blutplasmas (PRP), das Needling und das Fadenlifting.

MesoLift arbeitet mit der Einschleusung von Vitaminen und pflanzlichen Wirkstoffen in ganz geringer Dosierung in die oberen Hautschichten.
PRP wird aus dem eigenen Blut gewonnen, in der konzentrierten Form eines bestimmten Anteils des Blutes, des Plasmas, sind viele Wachstumsfaktoren enthalten. Diese werden in die Haut oder die Kopfhaut injiziert.
Das Needling arbeitet wiederum mit einem ganz anderen Wirkmechanismus. Auf einer Rolle befinden sich sehr sehr dünne Nadeln, die über die Haut gerollt werden und dadurch in die Haut eindringen. Die dadurch verursachte Reizung signalisiert unserem Körper, dass er eine Verletzung zu verarbeiten hat. Dadurch wird er angeregt, Kollagen zu produzieren.
Beim Fadenlift werden zur Hautregeneration sehr dünne Fäden aus Polydioxanone (PDO) in kurzem Abstand in die betroffene Hautschicht eingeführt. In Tierstudien konnten vielfältige Wirkungen der PDO Fäden nachgewiesen werden wie die Neubildung von Blutgefäßen, die zu einer besseren Durchblutung führen, die Neubildung von Kollagenfasern um die Fäden herum und die körpereigene Produktion von Wachstumsfaktoren.

Systemische Verbesserungen der Haut

Bislang wird dieser Bereich von der Ästhetik (noch) vernachlässigt. Hintergrund ist der, dass durch die medikamentöse oder die Nahrung ergänzende Einnahme von Wirkstoffen ein langsamerer Veränderungsprozess eingeleitet wird, der nicht sofort sichtbar ist. Wir persönlich glauben allerdings, dass diese systemisch wirkenden Optionen zukünftig an Bedeutung gewinnen werden. Im Augenblick haben sie vor allem lediglich eine Therapie ergänzende Funktion.

Abschließende Worte

Wie Ihr seht, ist die Ästhetik weiterhin stark im Wandel, hin zu natürlicheren und ganzheitlicheren Ansätzen. Wenn Euch dieser Ansatz gefällt, dann schaut doch mal auf der Arztseite des Netzwerk-Globalhealth vorbei. Dort findet Ihr ausgebildete Mediziner, die genau unter dem Gesichtpunkt der kompositorischen Ästhetik arbeiten.

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