Mit der Wundheilung hat alles begonnen. Vor einigen Jahren hat man festgestellt, dass sich in einem bestimmten Teil des Blutplasmas eine hohe Konzentration von Wachstumsfaktoren befindet. Durch Zentrifugieren des Blutes konnte man diesen Teil – das Plättchen reiche Plasma (PRP) vom Rest des Blutes trennen. Zuerst wurde das PRP bei der Heilung von Wunden eingesetzt. Auch schwerere Operationen konnten durch PRP Injektionen unterstützt werden. Die Orthopäden haben ihren Patienten ebenfalls Eigenblut entnommen, es zentrifugiert und dann das PRP in beschädigtes oder entzündetes Gewebe gespritzt. Dies sind meistens Gelenke, deren Funktionalität entweder durch Verschleiß oder aber durch beispielsweise eine Sportverletzung eingeschränkt war oder Sehnen, die durch Überbeanspruchung sich entzündet hatten.
Auch einige Zahnärzte haben PRP bei größeren Zahn OPs und Implantataufbauten eingesetzt. In allen Fachbereichen gab es zahlreiche später publizierte Erfolge zu vermelden. Auch einige bekannte Fußballer haben sich nach ihren Verletzungen mit PRP behandeln lassen.
Vor etwa 10 Jahren entdeckte man, dass PRP auch bei einigen ästhetischen Indikationen gute Wirkung zeigen kann. Hier gibt es das sogenannte Vampirlifting als Verfahren der Hautregeneration und auch bei Haarausfall lassen sich mit PRP gute Ergebnisse erzielen.
Was sind Wachstumsfaktoren und wie wirken sie?
Es gibt ganze Familien verschiedener Wachstumsfaktoren. Zunächst einmal ganz allgemein sind Wachstumsfaktoren Signalproteine, die jeweils nach ihrer „Familie“ bestimmte Prozesse in den Zellen auslösen. Das heißt, sie können beispielsweise die Wundheilung unterstützen, oder eine entzündete Sehne von der umgebenden Entzündung befreien. Oder sie können die Zellen der Haarfollikel dazu anleiten, wieder Haare zu produzieren. Oder sie können die Zellen der Haut dazu animieren, neues Kollagen zu produzieren. Für alle diese Prozesse sind Wachstumsfaktoren (Human Growth Factors) zuständig, die sich in unserem Blut befinden. Durch die Zentrifugierung des Blutes wird der Teil separiert, der die Wachstumsfaktoren enthält. So gelangt eine möglichst hohe Konzentration davon an die zu behandelnden Stellen.
Wie wird PRP gewonnen?
Für die Herstellung des Plättchen reichen Plasmas benötigt man ein bestimmtes Röhrchen, welches die Auftrennung optimal durchführt und eine Zentrifuge, die in vielen Arztpraxen vorhanden ist. Für die ästhetische Medizin wird etwa 20 ml Blut abgenommen und in das Röhrchen gefüllt. Anschließend wird das Röhrchen in die Zentrifuge gestellt und etwa 5 Minuten zentrifugiert. Wenn sich das Blut in seine verschiedenen Bestandteile aufgetrennt hat, ist der Vorgang abgeschlossen. Nun spritzt der behandelnde Arzt das PRP in die richtige Region.
Ein weiterer Bestandteil des Blutplasmas ist das PPP, das Plättchen arme Plasma (Platelet Poor Plasma). Auch dieses kann weiterverwendet werden, indem man es beispielsweise auf die Areale aufträgt, in die zuvor das PRP injiziert wurde.
Lässt sich PRP mit anderen Behandlungen kombinieren?
Ja, dies ist in vielen Fällen sogar zu empfehlen. So werden Hautbehandlungen und Aknenarben sehr gut mit einer Kombination von Needling und PRP durchgeführt. Bei Haarausfall ist es sinnvoll, Mesotherapie mit PRP zu kombinieren. Auch bei Laserbehandlungen wird PRP oft als ergänzende Therapie eingesetzt, einerseits um die Wundheilung zu beschleunigen, andererseits aber auch, um die Ergebnisse des Lasers zu optimieren.
Was gibt es noch zu wissen?
Nun, zuerst solltet ihr wissen, dass eine einmalige Behandlung mit PRP wenig Sinn macht. Nach Auskunft der Ärzte des Netzwerk Ästhetik umfasst eine erfolgreiche Therapie etwa 2-4 Behandlungen im Abstand von 4 Wochen. Anschließend wird dann ein- bis zweimal pro Jahr eine Erhaltungstherapie empfohlen. Das Netzwerk Ästhetik hat eine erste Statistik erarbeitet, indem einige Mitglieder ihre Erfahrungen in einem Fragebogen festhielten. Dabei kamen folgende interessante Ergebnisse heraus:
- In die Befragung sind immerhin 9.889 Behandlungen eingeflossen, was in etwa 4.000 Patienten entspricht.
- Die am häufigsten behandelte Indikation ist hier Haarausfall. Sie macht 54,4% aller Behandlungen aus, gefolgt von der Hautregeneration mit 25,6 %. Narbenbehandlungen lagen bei 11,2 %, und dunkle Augenringe immerhin mit 7,3%.
- Hier die Einschätzung der Ergebnisse durch die behandelnden Ärzte: sehr gut 38,8%, gut 30,7%, befriedigend 18,8%, ausreichend 10,8% und mangelhaft 0,7%.
- Hautbehandlungen kosteten im Durchschnitt 314€, Haarbehandlungen 250€.
- Die am häufigsten durchgeführte Kombinationsbehandlung war das Needling (68,2%), gefolgt von MesoHair (45,5%), fraktioniertem CO2 Laser (13,6%), Hyaluronsäurefiller (9,1%) sowie Fruchtsäurepeelings, MesoLift, Mikrodermabrasion (je 4,5%).
- Komplikationen ließen sich nicht beobachten. Typische Nebenwirkungen sind Blutergüsse, Schwellungen und Rötungen in ganz geringer Menge.
Ist PRP von der konservativen Medizin akzeptiert?
In einigen Fachbereichen, z.B. der Orthopädie, der Zahnmedizin oder der Verbesserung der Wundheilung nach Operationen oder Laserbehandlungen hat sich PRP bereits durchgesetzt.
Nach wie vor aber gibt es immer noch Abrenzungen beim Einsatz von PRP in der Ästhetischen Medizin. Nehmen wir beispielsweise die Indikation Haarausfall. Für diese Indikation gab es in den Empfehlungen der Dermatologen keine überzeugenden Therapien oder nur wenige, dann aber mit starken Nebenwirkungen behaftete.
Im Juni 2022 wurde der Wirkstoff Baricitinib nun als ein erstes Medikament zur Behandlung Erwachsener mit schwerem kreisrunden Haarausfall (Alopezie) zugelassen. Allerdings gibt es dabei einen Haken: „Eine automatische Erstattung der Verordnungskosten ist für alle Arzneimittel gegen Haarverlust durch das Gesetz ausgeschlossen. Für Patientinnen und Patienten heißt das, sie müssen die sehr teure Therapie (etwa 1000 Euro pro Monat) bis auf weiteres aus eigner Tasche zahlen. Anträge auf Kostenübernahme können aber auf individueller Basis an die Krankenkasse gestellt werden.“, so die Deutsche Dermatologische Gesellschaft in einer Stellungnahme.
Das Votum der Patienten bezüglich der Wirkung von PRP bei Haarausfall ist allerdings sehr positiv: Jeden Monat werden allein in Deutschland tausende Behandlungen durchgeführt. Aber nicht nur die Patienten sind überzeugt. Auch die Wissenschaft publiziert immer mehr zu den Wirkungen von PRP bei Haarausfall. Gibt man die beiden Begriffe „Haarausfall und PRP“ in die amerikanische PubMed Suchmaschine ein, werden 255 Publikationen angezeigt.
Obwohl die Originalstudien eigentlich für ärztliche Anwender geschrieben wurden, wollen wir dennoch einmal eine kleine Auswahl von Artikeln hier anzeigen, damit ihr schwarz auf weiß sehen könnt, das gerade sehr viel wissenschaftlich veröffentlicht wird.
Literaturauswahl zum Thema Behandlung mit PRP:
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