Die Kosmetik-Industrie versteht es wie kaum jemand anderes, Kunden mit klangvollen Slogans und Labels ein gutes Gefühl beim Kauf ihrer Produkte zu vermitteln. Doch was genau bedeutet eigentlich „dermatologisch getestet“ oder sogar „klinisch getestet“? Was verbirgt sich hinter der Kennzeichnung „Hautverträglichkeit bestätigt“ und können Endverbraucher daraus tatsächliche Qualitätskriterien ableiten? Wir lösen den Label-Wahnsinn für euch auf.
Dermatologisch getestet
Wie der Name schon impliziert, handelt es sich hierbei lediglich um eine Bestätigung, dass das beworbene Produkt unter Aufsicht eines Hautarztes (Dermatologen) getestet wurde. In der Regel sieht die Prozedur dabei folgendermaßen aus:
- Der Proband trägt die Creme auf die nackte Haut auf.
- Das entsprechende Areal wird mit einem Pflaster abgedeckt.
- Nach 24 Stunden überprüft der Dermatologe, ob es zu Hautirritationen gekommen ist.
Das wars. Mehr Informationsgehalt hat das Label „dermatologisch getestet“ nicht. Und das Beste: Dieses Vorgehen entspricht lediglich dem EU-Standard, ist also ohnehin notwendig für die Markteinführung eines Produkts. Viele Fragen bleiben dabei schlichtweg ungeklärt, wie:
- Wie viele Testpersonen umfasst der Test? – Antwort: Es gibt keine Auflagen hierzu. 5, 50 oder auch 1.000 Testpersonen – Egal. „Getestet“ bedeutet hierbei einfach nur genau das: „getestet“.
- War der Test positiv oder negativ? – Antwort: Der Hersteller ist nicht verpflichtet, dieses Ergebnis dem Kunden mitzuteilen. Es reicht lediglich die Angabe, dass ein Test durchgeführt wurde.
- Hat die Creme irgendeine nennenswerte positive Wirkung? – Antwort: Das Label gibt hierüber keinerlei Auskunft. Getestet wurde einzig und allein, ob es Hautirritationen gab oder nicht.
Klinisch getestet
Noch mehr als „dermatologisch getestet“ klingt „klinisch getestet“ hoch wissenschaftlich und aufwändig. In uns Kunden weckt das die Annahme einer großen, seriösen Studie unter Laborbedingungen. Aber ist da wirklich etwas dran?
In diesem Falle lautet die unbefriedigende Antwort: Nur in Teilen. Das Label „klinisch getestet“ hat allein folgende Aussagekraft:
- Das Produkt wurde am Menschen getestet. (Tierversuche für Kosmetikprodukte sind in der EU nicht zulässig)
- Die Studie wurde in einer klinischen Umgebung nach einem vorher festgelegten Protokoll durchgeführt.
- Eine medizinisch oder wissenschaftlich qualifizierte Person hat die Tests überwacht.
Nicht mehr und nicht weniger ist nötig, um dem eigenen Produkt das Label „klinisch getestet“ aufdrucken zu dürfen.
Was jedoch abermals offen bleibt sind folgende Punkte:
- Wie viele Teilnehmer umfasst die Studie? – Antwort: Auch hierzu gibt es keinerlei Auflagen. Das Label kann für die Testung von 10 oder auch 100 Testpersonen vergeben werden. Entscheidend sind lediglich die Rahmenbedingungen der Studie.
- Wie ist das Ergebnis der Studie ausgefallen? – Antwort: Zu den genauen Ergebnissen muss der Hersteller sich dem Kunden gegenüber nicht äußern.
- Verspricht das Produkt einen Mehrwert für die Haut des Anwenders? – Antwort: Abermals müssen wir das verneinen. Das Label bezieht sich einzig und allein auf die Durchführung einer Studie, nicht aber auf die erhoffte Wirkung des Produkts.
Damit sind die Voraussetzungen für die Bezeichnung „klinisch getestet“ zwar etwas höher als für „dermatologisch getestet“, aber signifikant mehr Informationen lassen sich für den Kunden daraus trotzdem nicht ableiten.
Hautverträglichkeit bestätigt
Eine gute Verträglichkeit ist für viele Menschen mit empfindlicher Haut oder Allergien ein entscheidender Faktor beim Kauf von Kosmetikprodukten. Ein Artikel, dessen „Hautverträglichkeit bestätigt“ ist, sollte dann doch unbedenklich sein, oder?
Leider falsch. Zum Begriff „Hautverträglichkeit“ gibt es keinen genormten Kriterienkatalog oder auch nur bindende Leitlinien. Es liegt also im Ermessen der Hersteller, ob und auf welcher Grundlage sie ihr Produkt als „hautverträglich“ einstufen. In den überwiegenden Fällen werden ohnehin Testpersonen mit „normaler“ Hautbeschaffenheit ausgewählt. Personen mit Allergien oder empfindlicher Haut bleiben dabei in der Regel bewusst außen vor.
Woran kann man sich dann überhaupt orientieren?
Die meisten der selbst gestalteten und frei interpretierbaren Label sowie vermeintlichen Gütekriterien der Kosmetik-Industrie sind lediglich Teil einer raffinierten Marketing-Strategie. Wenn ihr auf der Verpackung eines Produkts nach aussagekräftigen Informationen sucht, dann achtet auf die Label außenstehender, möglichst unabhängiger Institutionen, am besten mit differenzierten Qualitäts-Kategorien. Das Beste Beispiel sind hierbei die Stiftung Warentest oder ÖkoTest, die beide Noten nach klar festgelegten Kriterien vergeben.
Solltet ihr regelmäßig Probleme mit der Verträglichkeit von Kosmetika haben, dann achtet in Zukunft doch auf das offizielle Siegel der Europäischen Stiftung für Allergieforschung (ECARF). Diese hat auch ein frei zugängliches Register für Produkte unterschiedlichster Kategorien angelegt:
https://ecarf-siegel.org/zertifizierte-produkte-services/
Viele weitere hilfreiche und informative Inhalte zu diesem Thema findet ihr unter dem Schlagwort Hautprobleme.