Arzt, Heilpraktiker oder beides – Was bevorzugt Ihr?

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Es gibt zu diesem Thema zahlreiche Meinungen, immer wiederkehrende Auseinandersetzungen, Anfeindungen aus beiden Gruppen, aber auch friedliche Koexistenz und sogar Kooperationen. Ziemlich eindeutig ist, dass viele Patienten Heilpraktiker aufsuchen, weil sich diese mehr Zeit für ihre gesundheitlichen Probleme nehmen.

Es ist, so glauben wir, sehr wichtig, die Situation von beiden etwas besser zu verstehen und zusätzlich noch über den Tellerrand dieser beiden Strömungen der modernen Medizin hinauszusehen, also insgesamt eine weitere Perspektive einzunehmen.

Unterschiede in der Ausbildung von Ärzten und Heilpraktikern

Die Ärzte durchlaufen ein ziemlich verschultes Studium mit vielen verschiedenen Einheiten, die alle im Grundstudium erarbeitet werden müssen. Sie erhalten damit wichtige, grundlegende Einsichten über das Funktionieren unseres Körpers, unbestritten. Bevor Ärzte praktizieren können, müssen sie sich in der Klinik zusätzlich viel Praxis aneignen. Das Studium ist klar aufgebaut, viele neue und innovative Bereiche der modernen Medizin finden allerdings nur langsam Eingang in die Lerninhalte. Hinzu kommen jahrelange Ausbildungen zum Facharzt mit der entsprechenden Spezialisierung.

Im Gegensatz dazu stehen die Heilpraktiker, die eigentlich eine deutsche Erfindung des letzten Jahrhunderts sind. In den anglikanischen Ländern gibt es die Naturopathen, die eine ähnliche Stellung einnehmen. Oder es gibt Therapie bezogene Gesellschaften, z.B. in Großbritannien die Königliche Gesellschaft für Homöopathie, der dann dort vor allem Ärzte angehören. Auch wenn die Anforderungen an die Prüfung zum Heilpraktiker ständig gestiegen sind, kann die Prüfung ohne praktische Ausbildung abgeschlossen werden. Dafür dürfen Heilpraktiker auch nur ganz bestimmte Bereiche innerhalb der Medizin bedienen, also beispielsweise dürfen Heilpraktiker nicht operieren.

Es gibt sicher noch viele weitere Unterschiede, aber wir haben hier nur die Essenz für Euch zusammengefasst.

Dir Ursprünge der heutigen Medizin

Und dann gibt es noch die Medizin an sich und die philosophischen Fragen, was denn Krankheit und Gesundheit ist oder wie man sie heute betrachten kann. Dazu ist es sicher gut, ein wenig in die Vergangenheit zu gehen. Selbst bei unseren steinzeitlichen Vorfahren hat es die Behandlung von Krankheiten und Verletzungen gegeben. Dieses Wissen wurde von den Schamanen (Indianer), den Druiden (Kelten), den alten Frauen (viele Völker) gesammelt und von Person zu Person weitergegeben. Medizin hat also nicht mit dem Studium angefangen, sondern sie gehört zum Wissen der Menschheit von Anfang an.

Bereits in der Steinzeit wurden Schädeloperationen durchgeführt, man kann dies kaum für möglich halten, das Wissen über Pflanzen und ihre Wirkungen stammt ebenfalls aus dieser Zeit und wurde kontinuierlich erweitert. Heute gibt es allein bei der Naturheilkunde mit Pflanzen einige wichtige Schulen, die alle ein sehr umfangreiches Wissen zur therapeutischen Wirkung von Pflanzen gesammelt haben, beispielsweise die traditionelle chinesische Medizin oder die ayurvedische Medizin, aber auch die mittelalterliche Nonne Hildegard von Bingen und die Klostermedizin insgesamt, die auf Hildegard zurückgeführt werden kann. Unter dieser Brille betrachtet gibt es eigentlich nur eine Weltmedizin mit ganz verschiedenen Ausformungen und Ansätzen, von denen keiner besser oder richtiger ist als der andere.

So lang gibt es die moderne Medizin übrigens noch gar nicht. Im Mittelalter gab es in Europa nur die Bader, die mehr für chirurgische Eingriffe, das Einrenken von Knochen und das gemeine Volk da waren und es gab den Medicus, der allerdings in Europa sehr schlecht ausgebildet war. In jener Zeit war das Zentrum der Kultur und Philosophie – auch der Medizin – nicht Europa, also der Okzident, sondern Persien und andere Länder des Orients. Ibn Sina war einer der bekanntesten und für die damalige Zeit fortschrittlichsten Mediziner, der sogar Augenoperationen durchführte. Im bekannten Roman „Der Medicus“ wird diese Zeit sehr gut beschrieben.

Finanzielle Faktoren in der medizinischen Versorgung

Wir sollten uns auch einmal die Bedingungen ansehen, unter denen beide Heilberufe arbeiten. In der Regel (es gibt auch Ausnahmen!) arbeiten Ärzte über die Kassenmedizin, d.h. sie werden von den gesetzlichen Kassen für ihre Leistungen belohnt. Ausnahmen sind Ärzte, die rein privatärztlich arbeiten und keine Kassenzulassung haben. Diese behandeln dann entweder Privatpatienten oder aber Patienten, die keine Krankenversicherung benötigen (die sind dann in der Regel sehr reich). Gerade in unserer krisengeschüttelten Corona Zeit kann man sehr gut sehen, dass unser Gesundheitssystem zwar eigentlich einmal gut angelegt war, aber immer stärker durch ökonomische Zwänge ausgehöhlt wurde. Die Kassenärzte stehen unter enormem Druck und können die Höhe ihrer Rechnungen nicht selbst bestimmen, sondern jede Leistung ist vorgegeben. Um Euch mal ein kleines Beispiel zu geben: Ein Dermatologe erhält für jeden Patienten pro Quartal zwischen 13 und 19 Euro je nach Bundesland. Ganz egal, wie oft der Patient in diesen drei Monaten die Praxis aufsucht und wie lange die Behandlung dauert. Ist es also verwunderlich, wenn viele Kassenärzte nicht besonders gut auf Heilpraktiker zu sprechen sind?

Im Gegensatz zu den Kassenärzten haben Heilpraktiker von vornherein eine andere Stellung, auch wenn diese mittlerweile nicht mehr so eindeutig ist. Private Krankenkassen und einige wenige gesetzliche Kassen bezahlen auch je nach Therapie einige Leistungen der Heilpraktiker.

Das richtige Mindset des Anwenders

Da liegt der große Vorteil der Heilpraktiker: Sie stehen nicht so unter Zeitdruck und Patienten finden es gut, dass sie sich genügend Zeit nehmen können, um eine ganz individuelle Diagnose zu stellen und länger mit den Patienten zu reden. Aber es gibt natürlich auch hier die bekannten schwarzen Schafe: Wenn jemand sich als Heilguru aufspielt, wenn jemand in seiner Argumentation stark ideologische Komponenten vertritt, wenn jemand seine Therapie als allein selig (=gesund)machend beschreibt, ist Vorsicht geboten.

Denn das ist die eigentliche Herausforderung der heutigen modernen Medizin (dessen sind sich beide Gruppen sehr wohl bewusst): Die Diagnose und Behandlung einer Erkrankung kann sich nicht nur auf die Symptome konzentrieren, sondern muss schon analysieren, welche systemischen Bedingungen dafür verantwortlich sind, dass die Symptome auftreten. Jedem einigermaßen bewanderten Arzt, denen ja vor allem das Kurieren von Symptomen vorgeworfen wird, ist mittlerweile klar, dass man z.B. Kopfschmerzen als Symptom betrachten muss, das man zwar behandeln kann durch Schmerztabletten, aber die Ursachen für die Kopfschmerzen werden dadurch nicht mitbehandelt.

Je mehr die Wissenschaft sich dahingehend weiterentwickelt, den Menschen als ein ganzheitliches System – bestehend aus Körper und Psyche – zu sehen, die systemischen Bedingungen immer besser zu verstehen, denen dieses System unterworfen ist und ganzheitlichere und systemisch wirkende Therapien zu entwickeln, desto mehr arbeiten alle mit der Medizin befassten Personen an denselben Erkenntnissen über Krankheiten.

Der eigentliche Kampf und die eigentliche Auseinandersetzung toben nicht so sehr zwischen Heilpraktikern und Ärzten, sondern zwischen Behandlern, die Symptome behandeln und solchen, die systemische Behandlungen vorziehen. Bitte merkt Euch eines dabei: An Symptombehandlungen lässt sich schneller und leichter Geld verdienen, systemische Behandlungen sind zeitintensiv, benötigen sehr viel Wissen über Krankheit und Gesundheit. Sie stehen auch deshalb nicht so hoch in Kurs, weil die großen Pharmafirmen damit kein Geld verdienen können, jedenfalls im Augenblick noch nicht.

Die Extended Medicine

Ihr werdet sicher bemerkt haben, dass wir in diesem Artikel bisher vermieden haben, mit Reizworten zu operieren. Diese lauten: Schulmedizin, Alternativmedizin, Komplementärmedizin und Energiemedizin, die bei beiden Gruppen je nach der jeweiligen Ideologie gleich die Scheuklappen herunterfallen lassen. Das Netzwerk Globalhealth, über dessen gesammeltes Wissen wir dankenswerter Weise verfügen dürfen für unseren Blog, hat deshalb einen neuen, noch nicht durch Ideologen „verschmutzten“ Begriff vorgeschlagen, nämlich den der „Extended Medicine“, was auf gut Deutsch soviel heißt wie „Erweiterte Medizin“. Erweiterte Medizin bedeutet nichts anderes als dass alle Therapien innerhalb der Medizin Platz haben müssen, die heilen, denn wer heilt hat Recht.

Die härteste Auseinandersetzung wird im Augenblick geführt zwischen Ärzten und Heilpraktikern, die z.B. Homöopathie für wirksam halten und vor allem Ärzten und vielen Presseleuten, die einfach ausgedrückt glauben, dass Homöopathie reiner Humbug ist oder sie allerhöchstens auf den Placebo Effekt zurückführen.

Der Placebo Effekt ist mittlerweile von allen Behandlern anerkannt. Die Bundesärztekammer hat eine umfangreiche Untersuchung dazu publiziert von einigen führenden Medizinern, die alle Studien zu diesem Effekt berücksichtigt haben. Auch jede Arzneimittelzulassung muss mittlerweile den Placebo Effekt berücksichtigen. Der Placebo Effekt bedeutet, dass Patienten geheilt werden können auch ohne einen Wirkstoff zu sich genommen zu haben. Erstaunlich, nicht? Der Wirkstoff der Patienten ist eigentlich ihr Glaube (das hat ja wohl eindeutig etwas mit der Psyche zu tun), dass sie etwas zu sich nehmen, das sie heilt. Verstärkt wird dieser Glaube dadurch, wenn der Patient das Placebo (also z.B. ein Zuckerkügelchen ohne Wirkstoff) von einem Arzt erhält, dem er vertraut. Es gibt zahlreiche weitere Faktoren, die eine Heilung durch Placebo weiter verstärken können, z.B. wenn der Arzt zum Patienten sagt: „Das wird Ihnen helfen.“, der Arzt also den Glauben des Patienten dadurch verstärkt. Ist eine Placebo Heilung deshalb in Wirklichkeit gar keine Heilung? So kann man das nicht sehen, denn der Patient wurde ja geheilt oder sein Zustand wurde verbessert. Es ist lediglich eine Art von Medizin, die bislang nicht genügend berücksichtigt wird, also in den Bereich der Extended Medicine hineingehört.

Wir wollen uns hier nicht in die Auseinandersetzung um die Homöopathie einmischen, denn beide Parteien haben in gewisser Weise Recht: Die Homöopathie-Wissenschaft muss weitere Möglichkeiten entwickeln, die beweisen, dass sie unabhängig vom Placebo Effekt wirkt und die Leugner müssen anerkennen, dass es außerhalb der an Universitäten gelehrten Medizin Medizinsysteme gibt, die heilen können, auch wenn sie durch die universitäre Forschung noch nicht erklärt werden können. Ein gutes Beispiel ist dafür die Akupunktur, deren Heilwirkung mittlerweile auch von der „harten“ Medizin (gemeint ist die Evidenz basierte Medizin) anerkannt wird. Sie arbeitet mit der Stimulierung von Energiebahnen im Körper durch Nadelreize in bestimmte festgelegte Punkte. Diese Energiebahnen, die so genannten Meridiane, aber können noch nicht durch Mikroskope, chemische Analyse, MRT oder Röntgenstrahlungen nachgewiesen werden. Dazu müssen erst andere Analyseinstrumente entwickelt werden, die den Einfluss von Energien auf das menschliche System untersuchen können. Ähnliches gilt für die Homöopathie, auch sie behauptet, dass in den starken Verdünnungen der Globuli genannten Zuckerkügelchen keine Wirkstoffe mehr nachgewiesen werden können, sondern nur noch Informationen oder Energien dieser Wirkstoffe, die in den Verdünnungen enthalten waren.

Die Zukunft der ganzheitlichen Medizin

Die neue Weltmedizin oder Extended Medicine wird der Aufgabe gegenüberstehen, Wissenschaft zur Untersuchung von allen Heilmethoden einzusetzen, aber wie diese Wissenschaft der Zukunft aussehen wird, das muss erst entwickelt werden. Das Geld aber fließt augenblicklich nach wie vor in Forschungen und Institute, die Arzneimittel oder Geräte entwickeln, nicht in andere Therapien.

Wir wollen hier nicht versuchen, alle Geheimnisse der modernen Medizin zu entschlüsseln, dazu liegt noch zu wenig Wissen vor. Aber wir können als ein Beispiel einer solchen grundlegenden Revolution einer Wissenschaft einmal die moderne Physik hinzuziehen, weil wir annehmen dürfen, dass auch der Medizin eine ähnliche Revolution bevorsteht. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts versetzte Albert Einstein der bisher gültigen Physik die ersten Niederschläge durch seine allgemeine und spezielle Relativitätstheorie. Anschließend kamen dann Informationen über die kleinsten, subatomaren Teilchen hinzu, die heute als anerkannte physikalische Modelle mit dem Begriff Quantenmechanik oder Quantenphysik bezeichnet werden. Diese kleinsten Teilchen verhalten sich so, dass selbst Einstein nicht daran glaubte, dass die Quantenphysik Recht hatte, nämlich sehr merkwürdig. Subatomare Teilchen können nämlich parallel einerseits als materielle Teilchen betrachtet werden, andererseits aber auch als Wellen, also als Energien. Je nachdem, was ein Betrachter analysieren will, verhalten sie sich entweder als Teilchen oder aber als Wellen. Die Photonen des Lichtes sind dafür ein gutes Beispiel, sie können als Teilchen beispielsweise eine lichtempfindliche Schicht treffen und dadurch schwärzen (z.B. einen Film), sie können aber auch als Wellen z.B. durch eine Glasscheibe hindurchgehen, was ein Teilchen nicht so einfach kann. Wenn wir in der Medizin Phänomene verstehen wollen, die sich auf Energien und ihre Beeinflussung des Systems Mensch beziehen, dann werden wir in der Zukunft nicht ohne die Quantenphysik auskommen. Schwierig ist natürlich zu erklären, wie große physikalische Einheiten wie Organe oder Moleküle mit den kleinsten Teilchen zusammenwirken, obwohl sie sich physikalisch ganz anders verhalten.

Abschließende Worte

Kommen wir nach diesem kleinen Durchgang durch die Weltmedizin und ihre zukünftigen Herausforderungen noch einmal auf unsere eigentliche Fragestellung zurück, nämlich die, von wem man sich behandeln lassen soll oder will. Wir haben es für wichtig erachtet, Euch die hier dargestellten Rahmenbedingungen mit zu vermitteln, weil wir glauben, dass sie wichtig dafür sind, den richtigen Behandler zu finden.

Sollte die Antwort nicht eigentlich lauten: Kommt darauf an? Wenn eine Operation notwendig wird, dann sollte man sich doch wohl den besten Spezialisten suchen, wenn eine chronische (also systemische) Erkrankung vorliegt, sollte man vielleicht mehr auf Behandlungen (insbesondere, wenn die konservative Medizin keine wirkliche Verbesserung gebracht hat) zugehen, die andere Ansätze anbieten.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass der Behandler, den Ihr sucht, neben den von ihm angebotenen Therapien auch unbedingt einer sein muss, dem Ihr vertraut. Vertrauen ist die Basis – der Kit – eines guten und heilenden Verhältnisses zwischen Patienten und Behandler. Das sollte eigentlich die erste Entscheidung sein, die Ihr treffen müsst: Vertraue ich dem Menschen, der mir da gegenübersitzt? Erst dann kann ich mir Gedanken darüber machen, ob die angebotene Therapie mich überzeugt.

Eure Meinung zu diesem viel diskutierten Thema würde uns natürlich auch interessieren. Hinterlasst uns bitte Eure Sichtweise zu diesem Thema in einem Kommentar.

Über den therapeutischen Dschungel und wie Ihr Euch darin gut orientieren könnt werden wir Euch in einem Extra Blog Artikel informieren.

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