Da uns das Thema der ganzheitlichen Behandlung sehr am Herzen liegt, haben wir beim Netzwerk Globalhealth angefragt, ob sie für uns einen Gastartikel zu ihrer Philosophie der „kompositorischen Ästhetik“ verfassen würden. Dieser Bitte sind sie frisch zum neuen Jahr nachgekommen, sodass wir Euch das Thema in zwei Teilen vorstellen können:
Die Autoren sind Dirk Brandl – Sprecher der NETZWERK-Globalhealth Akademie für ästhetische Medizin, Dr. Michael Weidmann – Facharzt für Dermatologie, Prof. Dr. Jörg Faulhaber – Facharzt für Dermatologie, Dr. Margrit Lettko – Allgemeinärztin mit Schwerpunkt Ästhetik und Diplompsychologin Prof. Dr. Wilhelm Kaiser – Facharzt für Dermatologie
Die Mitglieder der NETZWERK-Globalhealth Akademie für ästhetische Medizin beschäftigen sich nicht nur mit unabhängigen Fortbildungen zur Verbesserung ihrer Fähigkeiten, sie haben sich in den letzten Jahren auch intensiv mit den philosophischen Grundlagen der ästhetischen Medizin befasst. Das Resultat dieses gemeinsamen Diskussionsprozesses haben wir mit dem Begriff „Kompositorische Ästhetik“ umschrieben. Diese Reflexion hat dazu geführt, dass wir eine neue Herangehensweise an die Ästhetik entwickelt haben und propagieren wollen. Einfach deshalb, weil wir uns dadurch bessere Ergebnisse versprechen, also Eure Zufriedenheit mit den Ergebnissen unserer Behandlungen erhöhen können. Im Folgenden möchten wir Euch die Säulen der Kompositorischen Ästhetik etwas näher erläutern. Wir glauben daran, dass gerade Patienten sehr positiv auf diese neue Herangehensweise reagieren werden.
Kleiner Exkurs zur Geschichte der Ästhetik
Das Bedürfnis, sich zu verschönern, ist so alt wie die Menschheit selbst. Es gehörte immer schon zu unserer Gesellschaftlichkeit – ja, wir sind durch und durch gesellschaftliche Wesen – uns durch Bemalungen, Beibringung von Stammesnarben, Tattoos oder anderen Veränderungen wie Riesenohrläppchen, langen Hälsen oder kleinen Füssen etc. uns einem gesellschaftlichen Schönheitsideal zu nähern.
Heute ist dies nicht anders, nur haben wir uns wie bei allem auch hier verfeinert und entwickelt. Die Geschichte der modernen ästhetischen Medizin beginnt in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts und ist zuerst die Geschichte operativer Eingriffe. Diese hat sich entwickelt, weil plastische Chirurgen sehr häufig schwierigste – meist durch Unfälle oder notwendige operative Entfernungen, z. B. durch Hauttumore, hervorgerufene – Verunstaltungen rekonstruieren mussten, um ihren Patienten dadurch wieder ein einigermaßen menschliches Antlitz zurückzugeben. Höhepunkt der rekonstruktiven Chirurgie war sicherlich, als es vor einigen Jahren gelang, die Oberfläche eines Gesichtes zu transplantieren. Vielleicht habt ihr schon darüber gelesen.
Von der Rekonstruktion zur ästhetischen Veränderung ist es nur ein kleiner Schritt, denn die Techniken sind identisch. Als die Plastischen Chirurgen erstmal erkannt hatten, dass sie mit ihrer Operationstechnik mehr machen konnten als Rekonstruktionen durchführen, war die Tür zur modernen ästhetischen Medizin geöffnet. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass zunächst nur operative Techniken das Feld beherrschten.
Nicht nur die Chirurgen erkannten das Potential, mit modernen Mitteln Verschönerungen durchzuführen, andere Fachdisziplinen zogen nach. In erster Linie sind hier die Dermatologen zu nennen, denn die von ihnen entwickelten Techniken der Verbesserung betrafen in erster Linie den Hautstatus. Neuromodulatoren (Botox), flüssige Implantate (Filler) und der Einzug der Laser in die Medizin bestimmt diese Etappe. Ähnlich wie in der Chirurgie wurden viele der Materialien und Technologien zuerst für medizinische Anwendungen entwickelt und erst später erkannte man ihr Potential für die Ästhetik.
In diese Zeit fällt auch die Unterscheidung von invasiven und minimal invasiven Verfahren – also Verfahren, die nicht operativ arbeiten und deshalb weniger invasiv sind.
In dieser Zeit wurde ebenfalls erkannt, dass Ästhetik ein – immer noch – boomender Markt ist, und natürlich werden Firmen und Entwickler von Märkten angezogen, die gute Umsätze versprechen. Deshalb wurden in den vergangenen Jahrzehnten immer neue Technologien entwickelt, neue Geräte überschwemmten den Markt und auch alle Injektionsverfahren entwickelten sich fortwährend weiter. Diese Entwicklung hält bis heute an.
Die Entwicklung war nicht allein auf neue Technologien beschränkt. Injektionstechniken, neue operative Verfahren für andere Indikationen und vor allem auch die beständige Verfeinerung der bestehenden Operationstechniken führten dazu, dass die bestehenden Risiken eines medizinischen Eingriffes immer weiter reduziert werden konnten und sich die Behandlungsergebnisse verbessern ließen.
Status und Prozess
Die Vorgehensweise bei operativen Verfahren führte zu einem Fehlurteil, das weitreichende Auswirkungen auf die Betrachtung der Ästhetik und ihrer Ergebnisse insgesamt hatte. Diese Auswirkungen wirken bis heute nach. Damit Ihr genau verstehen könnt, worin dieses Fehlurteil besteht, hier wieder ein Beispiel: Stellt Euch bitte vor, Ihr kommt wegen eines ästhetischen Eingriffs in die Praxis eines Plastischen Chirurgen. Der Eingriff wird durchgeführt und anschließend habt Ihr ein operatives Ergebnis, kurz: Euer Status hat sich (hoffentlich) verbessert. In der Tat können wir ästhetisch arbeitende Ärzte eine Statusverbesserung herbeiführen, diese ist allerdings immer zeitlich begrenzt.
In Wirklichkeit haben wir es bei Veränderungen, die durch das Alter hervorgerufen werden, immer mit einem Prozess zu tun. Der Begriff Status beschreibt nichts anderes als eine verständliche Illusion.
Bereits die alten Griechen hatten diese Wahrheit erkannt und sehr treffend mit dem bekannten philosophischen Slogan „Panta Rhei“ beschrieben. Das bedeutet so viel wie „alles fließt“. Alles ist in kontinuierlicher Veränderung. Da dieser Prozess nicht unterbrochen, höchstens verzögert werden kann, setzt der Prozess der Veränderung eines ästhetischen Eingriffs sofort nach erfolgter Intervention ein. Manchmal dauert es länger, bis man die Veränderung bemerkt, aber sie ist da.
Als die Mitglieder der Akademie diese Zusammenhänge erkannt hatten, haben sie daraus die Konsequenzen gezogen, die zur Veränderung der philosophischen Grundlagen der Ästhetik führten und damit einhergehend zu einem anderen Angebot an Euch, die Patienten: Das Angebot von uns lautet nicht länger, dass wir Euch eine ästhetische Intervention anbieten, sondern wir bieten Euch an, Euch ästhetisch in Eurem Alterungsprozess zu begleiten und Ihnen dadurch zu jedem Zeitpunkt die Verfahren anzubieten, die Euren augenblicklichen Zustand erhalten oder verbessern. Aus diesem Angebot besteht die erste wichtige Säule der neuen Philosophie der Kompositorischen Ästhetik.
Invasivität
Durch das Aufkommen weniger invasiver Verfahren wurden wir Ärzte gezwungen, uns klarer zu positionieren. Wir gehen dabei wieder von den Bedürfnissen unserer Patienten aus, ob sie große oder kleinere oder schnelle oder langsamere Veränderungen wünschen. „Wie schonend soll behandelt werden?“ ist dabei die Frage aller Fragen. Unsere Positionierung zu diesem ganzen Komplex lautet wie folgt: Um ein gemeinsam mit dem Patienten definiertes Ergebnis zu erreichen, wählen wir immer dasjenige Verfahren, welches die geringste Invasivität aufweist.
Dies gilt auch dann, wenn mehrere Behandlungssitzungen notwendig sind, um das angestrebte Ergebnis zu erreichen. Wir entscheiden uns also immer – natürlich in Übereinstimmung mit Euren Bedürfnissen – für das schonendste Verfahren, das wir einsetzen können. Diese Fragestellung ist mehr eine Haltungs- oder Ethikfrage, wie wir mit unseren Patienten umgehen wollen. Sie ist ebenso eine philosophische Frage und kann deshalb zu Recht als zweite Säule der neuen Kompositorischen Ästhetik angesehen werden.
Im zweiten Teil geht es mit den Punkten Ganzheitlichkeit, Ergebnisoptimierung, Heilungs- und Schmerz Management, Regeneration und Systemische Verbesserungen der Haut weiter.