Das Thema Alzheimer Demenz brennt auf den Nägeln – das zeigt sich in vielen Familien, das zeigt sich aber auch daran, dass sehr viele wissenschaftliche Artikel zu diesem Thema publiziert werden.
Heute wollen wir uns mit der Frage beschäftigen: Gibt es Steigerungen bei Demenz Erkrankungen oder bleiben die Zahlen stabil?
Steigerungsraten
Eine große Zahl von Forschern hat im Januar eine Prognose in der Zeitschrift The Lancet- einer sehr angesehenen medizinischen Zeitschrift – veröffentlicht, die die Demenzsituation in 2019 hochgerechnet hat bis 2050. Dabei ist eine Horrorzahl herausgekommen, die weltweit eine Verdreifachung der Demenzkranken bis 2050 prognostiziert. Die Zahlen für die Prognose schwanken extrem. Katar hat mit einer Steigerung von 1.926% zu rechnen, während in Japan mit 27% Steigerung zu rechnen ist. In absoluten Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass nach der Prognose 2050 weltweit 153 Millionen Menschen an Demenz erkrankt sein werden gegenüber 57 Millionen im Jahr 2019.
Demenz ist eine Zivilisationskrankheit und als solche ist sicherlich mit Steigerungen in den kommenden 30 Jahren zu rechnen, da wird wahrscheinlich niemand widersprechen. Ob aber diese vorgelegten Zahlen tatsächlich zutreffen, das kann niemand wirklich vorhersagen.
Unbestritten ist von allen, dass zwei Faktoren die Zahlen nach oben treiben werden: Alterung der Bevölkerung und Bevölkerungswachstum. Solange wir immer älter werden und die Weltbevölkerung weiter zunimmt, muss mit einer größeren Zahl von Demenzkranken gerechnet werden.Zu diesen beiden Faktoren wurden noch 3 Risikofaktoren hinzugefügt, nämlich der Body Mass Index, also Fettleibigkeit, der Blutzuckerspiegel, also Diabetes und das Rauchen.
Bei der Berechnung ist man von Risikofaktoren ausgegangen, die sich in den nächsten Jahrzehnten durchaus verändern könnten. Das war eine ebenfalls im The Lancet vorgetragene Kritik zweier Autoren, die von zu starker Vereinfachung der zugrunde liegenden Mechanismen bei der Publikation ausgehen. Wie schwierig eine solch lange Projektion ist kann daran abgelesen werden, dass viele Faktoren in einem so langen Zeitraum sich ändern könnten, hier seien einmal 2 genannt: Es könnte eine sehr viel frühere Diagnostik z.B. von Alzheimer Demenz dazu führen, dass viel mehr Fälle gezählt würden und es könnte ein Medikament geben, das Demenz bekämpft. In beiden Fällen würden die Zahlen in verschiedenen Richtungen schwanken. Kritisiert wird von den Autoren auch die Zahlenbasis, von der die Studie ausgeht. Wir wollen hier nicht zu sehr ins Detail gehen.
Unsere eigene Position zu der Prognose ist folgende: Unbestreitbar wird die Zahl der Demenzkranken ansteigen, weil wir nicht glauben, dass es jemals ein einzelnes Medikament gegen diese Erkrankung geben wird. Wir glauben im Gegenteil, dass die sozialen Bedingungen dazu führen werden, dass der prognostizierte Anstieg sogar noch als moderat bezeichnet werden kann, wenn, ja wenn sich die soziale Situation so weiterentwickelt wie in den letzten Jahrzehnten, nämlich hin zu immer größerer sozialer Isolation und Vereinsamung, Rauslösen der Alten aus den sozialen Beziehungen, Abschiebung in Altenheime etc. Das sind nämlich unserer Ansicht nach die größten Risikofaktoren für Demenzerkrankungen, und dagegen wird es niemals eine Pille geben.
Literatur:
Estimation of the global prevalence of dementia in 2019 and forecasted prevalence in 2050: an analysis for the Global Burden of Disease Study 2019, GBD 2019 Dementia Forecasting Collaborators, Published in The Lancet:January 06, 2022, DOI: https://doi.org/10.1016/S2468-2667(21)00249-8
Michaël Schwarzinger, Carole Dufouil: Forecasting the prevalence of dementia, Published in The Lancet:January 06, 2022, DOI: https://doi.org/10.1016/S2468-2667(21)00277-2
Meine Schwägerin hat Alzheimer und ich bin froh, dass ihr die aktuellen Studien hier so verständlich aufbereitet. Ganz großes Danke!