Nachdem die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg bereits im Sommer 2021 in Einzelfällen eine Heilung von Patienten mit Long-Covid verkünden konnte, wurde zeitnah eine Studie angestrebt. Nachdem das Bundesministerium für Bildung und Forschung nun eine finanzielle Förderung bewilligt hat, soll es 2022 losgehen. Auch der Freistaat Bayern denkt wohl derzeit über einen entsprechenden Zuschuss nach.
Der Ansatz der Forscher aus Erlangen
Hier zeigt sich deutlich, wie wichtig es ist, im wissenschaftlichen Bereich auch vermehrt interdisziplinär zu arbeiten. An den Heilversuchen im Sommer waren Angehörige gleich dreier großer Erlangener Kliniken beteiligt. Neben der Augenklinik waren dies außerdem die Medizinische Klinik 1 für Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie sowie die Medizinische Klinik 3 für Rheumatologie und Immunologie der Uni-Klinikums Erlangen.
Ursprünglich hatten Ärzte der Augenklinik im Zuge der Long-Covid Erkrankung eine Durchblutungsstörung der Retina (Netzhaut) diagnostiziert. Zudem konnten im Blut der betroffenen Patienten dieselben Auto-Antikörper nachgewiesen werden, wie sie auch bei dilatativer Kardiomyopathie (einer Herzmuskelerkrankung) oder einem Glaukom (Grüner Star) auftreten. Beide Krankheiten werden medikamentös mit dem Wirkstoff BC 007 behandelt. Folglich verabreichte man nun eben dieses Medikament auch ausgewählten Long-Covid Patienten.
Innerhalb weniger Tage traten deutliche Verbesserungs-Erscheinungen auf, welche sich auch Wochen und Monate nach der Erstmedikation konstant hielten.
Der ominöse Wirkstoff BC 007
Bei BC 007 handelt es sich um ein sogenanntes DNA-Aptamer. Das sind einzelsträngige Basenpaare, welche so angeordnet sind, dass sie gezielt an bestimmte Moleküle andocken und diese binden können. Im unserem speziellen Falle geht es um unerwünschte Auto-Antikörper, welche Protein-gekoppelte Rezeptoren in unserem Organismus blockieren und so die Durchblutung stören. Eben diese Auto-Antikörper werden von BC 007 gebunden, sodass die Rezeptoren wieder ungestört arbeiten und das Blut ungehindert fließen kann. Damit sollen Symptome von Long-Covid gemildert oder sogar vollkommen behoben werden.
Verabreicht wird der Wirkstoff einmal wöchentlich in einer 75-minütigen Infusion. Eine zusätzliche Medikation ist dabei nicht vorgesehen. Allerdings ist BC 007 offiziell nicht für die Heilung von Long-Covid, sondern lediglich zur Behandlung einiger weniger anderer Krankheiten zugelassen. Deshalb wurden die Heilversuche am Erlangener Uni-Klinikum auch vorerst eingestellt.
Hoffnung auf Heilung von Long-Covid
Besonders viel lässt der Fall einer besonders stark betroffenen Patientin aus Mittelfranken hoffen. Die 39-jährige Grundschullehrerin galt als sportlich und ziemlich fit. Nach ihrer Infektion mit Covid-19 bereiteten ihr sogar kurze Spaziergänge bereits große Probleme. Dazu war ihr Gang sehr unsicher und ohne sichernde Begleitung lief sie immer wieder Gefahr, zu stürzen. Zudem war die Frau fast durchgehend massiv abgeschlagen, litt unter Koordinations-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Selbst alltägliche Unterhaltungen überforderten sie schnell. An eine Rückkehr in ihr gewohntes Arbeitsleben war so nicht zu denken.
Doch auch bei einem so schweren Verlauf wie dem ihren konnten die behandelnden Ärzte deutliche Verbesserungen innerhalb nur weniger Wochen feststellen. Die Patientin ist nun wieder soweit stabil, dass sie mit gezielten Reha-Maßnahmen wie Physiotherapie beginnen kann. Zwar fühlt sie sich schneller erschöpft als vor ihrer Erkrankung, allerdings ist sie oftmals nach einer kurzen Ruhephase wieder auf den Beinen. Leichtes Spielen mit den Kindern und Spaziergänge mit ihrem Mann sind so wieder möglich. Die Zukunft wird zeigen, wie weit ihr Heilungsprozess noch voranschreiten kann.
Die geplante Studie 2022
Nachdem der Bund bereits eine finanzielle Förderung zugesagt hat und eventuell auch der Freistaat Bayern nachziehen möchte, steht einer großangelegten Studie nun nichts mehr im Wege. Bereits seit Herbst 2021 sucht das Uni-Klinikum nach Freiwilligen. Ein genaues Datum für den Start der Studie und auch der Umfang des Teilnehmerkreises ist derzeit noch nicht veröffentlicht. Da die Förderung jedoch bereits bewilligt ist, dürften die Vorbereitungen bereits im Gange sein.
Wenn ihr euch noch genauer über die Ergebnisse der Heilungsversuche informieren wollt, könnt ihr das gerne hier tun: https://idw-online.de/de/news774669
Weitere Zusammenfassungen wissenschaftlicher Studien findet ihr bei uns unter dem Schlagwort Medizinische Studien.