News zur Alzheimer Demenz – Januar 2022

News zur Alzheimer Demenz
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Wir haben uns in der Vergangenheit bereits des Themas Alzheimer Demenz angenommen. Mit diesem als Serie angelegten Artikel wollen wir Betroffene und Interessierte zukünftig darüber informieren, was sich auf diesem Gebiet alles so tut.

Ist eine Verbesserung der Diagnostik möglich?

Die genaue Diagnose der Alzheimer Demenz bereitet nach wie vor Schwierigkeiten. Im fortgeschrittenen Stadium lassen sich bildgebende Verfahren (MRT = Magnet Resonanz Tomographie) nutzen, aber eine genaue Analyse des jeweils aktuellen Status Quo und der fortschreitenden Entwicklung der Krankheit lassen sich nur äußerst schwer bestimmen. Der so genannte PET Test (Positronenemissionstomographie) lässt sich erst im fortgeschrittenen Stadium anwenden, ist sehr teuer und wird von den Kassen nicht übernommen. Einen Bluttest gibt es bislang nicht. Man unternimmt deshalb eine Lumbalpunktion (= Lumbalpunktion bedeutet, dass der Arzt mit einer Hohlnadel Nervenwasser im Bereich der Lendenwirbelsäule aus dem Wirbelkanal entnimmt). Nach Expertenaussagen ist dieser Eingriff allerdings nicht ganz ungefährlich.
Ganz schlecht sieht es aus, wenn man die Krankheit in ihrem Anfangsstadium diagnostizieren will, wenn noch keine schwere Symptome auftreten. Hier kann eine neue Publikation einen Hoffnungsschimmer vermitteln, die von einer schwedischen Forschergruppe publiziert wurde.
Es handelt sich dabei um einen speziellen Biomarker, der saures gliales Faserprotein (GFAP, Glial fibrillary acidic protein) genannt wird. Die Werte dieses Proteins steigen schon sehr früh im Verlauf der Erkrankung an. Andréa L. Benedetvon der Universität Göteborg, Schweden und Kollegen untersuchten die GFAP-Spiegel bei 300 Teilnehmern der TRIAD-Studie (Translational Biomarkers in Aging and Dementia). In der untersuchten Gruppe waren 59% Frauen. Das mittlere Alter lag bei 64,6 Jahren. Eingeschlossen wurden Patienten in allen Stadien der Alzheimer-Demenz. Hinzu kamen 384 Teilnehmern der 384 ALFA+-Studie (Alzheimer’s and Families Study). Sie waren im Mittel 61,1 Jahre alt und hatten eine präklinische Alzheimer-Demenz. Die 3. Kohorte umfasste 187 Teilnehmern der 187 BioCogBank Paris Lariboisière (mittleres Alter 69,9 Jahre, manifeste AD).
In allen 3 Gruppen war der Plasmaspiegel (= Konzentration des GFAP Spiegels im Blut) deutlich erhöht, also auch bei den Patienten, die noch gar keine Symptome gezeigt haben. Durch die Analyse dieses Biomarkers lassen sich die Amyloiden Plaque Konzentrationen ablesen, die ein indirekter Hinweis auf Alzheimer sein können, allerdings gibt es dazu konträre Positionen, denn auch geistig gesunde Menschen können erhöhte Amyloid Konzentrationen im Gehirn aufweisen.

Literatur:
Andréa L. Benedet, PhD; Marta Milà-Alomà, MSc; Agathe Vrillon, MD, MSc; et al. Differences Between Plasma and Cerebrospinal Fluid Glial Fibrillary Acidic Protein Levels Across the Alzheimer Disease Continuum, JAMA Neurol. Published online October 18, 2021. doi:10.1001/jamaneurol.2021.3671
Link: https://jamanetwork.com/journals/jamaneurology/fullarticle/2784931

Verbesserung der Symptomatik durch Ernährung

Die Ergebnisse einer Studie von Dr. Michael Wagner und Team vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) wurden in der Zeitschrift Neurology 2021 veröffentlicht. Man untersuchte, ob die so genannte Mediterrane Diät (MeDi) dazu führt, dass die Probanden eine bessere Gedächtnisleistung haben oder ob Ernährung das Risiko für eine Alzheimer Demenz senken kann. Die Autoren selbst sind sich nicht schlüssig, ob der Begriff MeDi wirklich die Sache trifft oder aber ob Richtlinien für die Ernährung auch durch andere Faktoren bestimmt sein können.
Sie haben 521 Probanden im Alter von durchschnittlich 70 Jahren nach ihrer Ernährung befragt und Gehirnvolumina, kognitive Fähigkeiten und Alzheimer-Biomarker im Nervenwasser gemessen. Dabei zeigte sich, dass MeDi mit mehr grauer Substanz in Hirnbereichen wie dem Hippocampus verbunden werden konnte. Auch die Erinnerung funktionierte besser als bei Probanden, die weniger Mittelmeerkost verzehrten. Und Biomarker im Nervenwasser, die auf pathologische Amyloid-Plaques und sich anreichernde Tau-Proteine hinweisen können, waren bei Personen mit mediterraner Ernährung ebenfalls weniger stark ausgeprägt.
Biologische Mechanismen, die Ernährung und Alzheimer in Verbindung bringen, sind bislang unbekannt. Erstautor Dr. Tommaso Ballarini vom DZNE und seine Kollegen vermuten, dass gesunde Ernährung in der Lage ist, mögliche Trigger (= Auslöser) der pathologischen Ereignisse zu beeinflussen. Als Beispiele nennen sie Entzündungsprozesse und oxidativen Stress. Auf diesem Weg könnte eine MeDi zum Erhalt der Gehirnfunktionen beitragen.

Hier geht es zur Publikation:
Tommaso Ballarini et al. Mediterranean Diet, Alzheimer Disease Biomarkers, and Brain Atrophy in Old Age, Neurology June 2021, DOI: https://doi.org/10.1212/WNL.0000000000012067

Eine finnische Forschergruppe hat sich ebenfalls mit dem Thema Ernährung beschäftigt. Sie haben über einen längeren Zeitraum (3 Jahre) die eine Hälfte der Patientengruppe mit einer so genannten Trinkdiät zusätzlich ernährt. Die verwendete Trinknahrung, die speziell für Alzheimer-Erkrankte im Frühstadium gedacht ist, enthält unter anderem Omega-3-Fettsäuren und verschiedene Vitamine. Man hat in diesen Trink Cocktail quasi alles hereingepackt, was auch für die MeDi wichtig ist, nämlich B-Vitamine, die für das Gehirn eine wichtige Rolle spielen, Omega-3-Fettsäuren als Membranbaustein auch in neuronalen Membranen, aber z.B. auch Cholin und Folat. Immerhin konnte die Gruppe, die diesen Cocktail zu sich nahm, die Verschlechterung um 40-70 % verlangsamen gegenüber der Kontrollgruppe. In diesem Zusammenhang sei auch auf das vom Netzwerk Extended Medicine empfohlene Polyenylphosphatidylcholin (PPC, Markenname Memphosan) hingewiesen, das ja auch zu einem Großteil aus Cholin besteht und seine Wirksamkeit der Verhinderung von Verschlechterungen bereits unter Beweis gestellt hat. (Hier link zu Anti-Aging Artikel)

Hier geht es zur Publikation:
Hilkka Soininen, Alina Solomon, Pieter Jelle Visser, Suzanne B Hendrix, Kaj Blennow, Miia Kivipelto, Tobias Hartmann, the LipiDiDiet clinical study group 36-month LipiDiDiet multinutrient clinical trial in prodromal Alzheimer’s disease, Alzheimer’s & Dementia, September 2020, https://doi.org/10.1002/alz.12172

Medikamente mit dem Wirkstoff Methylphenidat könnten Apathie bei Alzheimer Patienten senken

Methylphenidat (MPH) ist ein stimulierender Wirkstoff, der beispielsweise im bekannten Medikament Ritalin enthalten ist. Ritalin wird ja vor allem bei ADHS und anderen Aufmerksamkeitsstörungen eingesetzt. In einer in JAMA Online veröffentlichten Publikation hat eine Gruppe von Wissenschaftlern von mehreren nordamerikanischen Alzheimer Kliniken untersucht, ob sich durch MPH der Zustand der Apathie, unter dem viele Alzheimer Patienten leiden, verbessern lässt. Das Medikament – dies vorweg – hatte keinen Einfluß auf andere mit Alzheimer verbundene Symptome wie die Verschlechterung der Gedächtnisleistung. Innerhalb von 6 Monaten zeigte sich jedoch eine wohl signifikante Verbesserung des Symptoms der Apathie.

Publikation:
Jacobo Mintzer, MD, MBA1; Krista L. Lanctôt, PhD2; Roberta W. Scherer, PhD3; et al. Effect of Methylphenidate on Apathy in Patients With Alzheimer Disease, JAMA Neurol. 2021;78(11):1324-1332. doi:10.1001/jamaneurol.2021.3356
Link: https://jamanetwork.com/journals/jamaneurology/article-abstract/2784538

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Ein Kommentar zu „News zur Alzheimer Demenz – Januar 2022“

  1. Eine Freundin hat kürzlich die Diagnose Alzheimer erhalten. Danke für die vielen interessanten neuen Informationen zu dieser Krankheit.

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